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Blankes Entsetzen in London

Die geplante V2-Gedenkfeier der deutschen Raum- und Luftfahrtindustrie stieß auf einhellige Kritik: „Eine schwere Beleidigung für Opfer und 20.000 ermordete KZ-Zwangsarbeiter“  ■ Von Ralf Sotscheck

Dublin (taz) — Der geplante Festakt zur 50. „Geburtsstunde der Raumfahrt“ in Peenemünde hat in Großbritannien blankes Entsetzen ausgelöst. „Diese Gedenkfeier ist eine schwere Beleidigung — nicht nur für die Opfer der Rakete, sondern auch für die 20.000 KZ-Gefangenen, die beim Bau der Rakete ums Leben kamen“, sagte der Labour-Abgeordnete David Winnick aus Walsall. Er verlangte von dem britischen Außenminister Douglas Hurd, Druck auf die Bonner Regierung auszuüben, um die Gedenkfeier zu verhindern. Der konservative Unterhausabgeordnete Harry Greenway sagte: „Ich finde das unerhört. Das wird die britischen Beziehungen zu Deutschland, die wegen des Wechselkursmechanismus und der Maastrichter Verträge ohnehin angeschlagen sind, weiter belasten.“ Er verurteilte die geplante Gedenkfeier vor allem in Hinblick auf die deutschen Proteste, als im Mai in London eine Statue des Luftmarschalls „Bomber“ Harris enthüllt wurde. Greenway stammt aus West-London und erinnert sich noch genau an „die fürchterlichen V2-Angriffe auf unser Viertel“.

Die erste „Zigarre des Teufels“ wurde am 8. September 1944 gegen London abgeschossen. Sie schlug im Westen der Stadt in der Stavely Road ein.

Insgesamt fielen schätzungsweise 2.700 BritInnen der V2 zum Opfer. Der Tory-Abgeordnete Rhodes Boyson nahm damals gerade an einem Marine-Kurs teil, als eine V2 seine Schlafzimmerwand zerstörte. „Wenn die Nazis diese Bombe früher entwickelt hätten, würden die Menschen Großbritannien heute vielleicht unter einer üblen Diktatur leben müssen. Die geplante Feier zeigt ein besorgniserregendes Maß an Taktlosigkeit bei den Deutschen.“ Sein Parteikollege Winston Churchill, Enkel des gleichnamigen britischen Kriegspremiers: „Ich kann nicht glauben, daß die Deutschen eine solche Feier veranstalten wollen, besonders angesichts der Tatsache, daß die Waffe unter Einsatz von Zwangsarbeitern gebaut wurde, von denen Tausende dabei umkamen, und daß Zehntausende Menschen beim Einsatz der Raketen den Tod fanden.“ Auf besondere Kritik stieß in Großbritannien die Mitteilung des Sprechers der deutschen Botschaft in London, Dietmar Greineder, wonach ein Raumfahrt-Park auf dem Gelände in Peenemünde den Tourismus fördern solle.

Auch zahlreiche britische Kriegsveteranen fanden deutliche Worte: „Das ist einfach nicht richtig“, sagte der 64jährige John Baker, dessen Haus auf einem V2-Bombenkrater erbaut wurde. „Ich habe die Deutschen noch nie gemocht, aber jetzt mag ich sie sogar noch weniger.“ Der 77jährige Henry Griffiths, ein Dünkirchen- Veteran, fügte hinzu: „Denkt denn niemand in Deutschland an die Menschen, die unter den Raketen gelitten haben?“

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