: "Das Recht auf Asyl ist unverzichtbar"
■ 15 000 Hamburger demonstrierten gestern gegen Rassismus / Haltung zum Asyl-Paragraph spaltet den Zug
gestern gegen Rassismus / Haltung zum Asyl-Paragraph spaltete den Zug
Über 15000 Menschen haben gestern in Hamburg gegen Rassismus und ausländerfeindliche Pogrome demonstriert. Die Gewerkschaften und die Evangelische Kirche hatten den Protest unter das Motto gestellt: „Gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit — Für Menschlichkeit und Solidarität“. Hingegen marschierten autonome Gruppen und Ausländerinitiativen sowie die Schülerkammer unter dem Banner: „Offene Grenzen und Bleiberecht für alle — Flüchtlinge bleiben, Nazis vertreiben.“
Angeführt wurde die ungewöhnliche Demo von hanseatischer Prominenz: In der ersten Reihe gingen neben den SenatorInnen Thomas Mirow, Elisabeth Kiausch und Traute Müller Bischöfin Maria Jepsen und DGB-Chef Erhard Pumm. In diesem Teil des Zuges wurde insbesondere die verfehlte Sozialpolitik — Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit und Sozialabbau — für die ausländerfeindlichen Übergriffe der letzten Zeit verantwortlich gemacht. „Es muß endlich eine Poltik gegen soziale Spaltung betrieben werden.“
Im zweiten Teil der Demo dann ganz deutliche Parolen: „Ob Ost, ob West — nieder mit der Nazi- Pest“, brüllten Hunderte von SchülerInnen lauthals durch die Mönckebergstraße. Hier dominierten vor allem Transparente, die sich gegen eine Änderung des Asylartikels im Grundgesetz wandten und auch mit der etablierten Politik scharf ins Gericht gingen: „Rassismus gedeiht: Vom Staat verordnet, den Medien geschürt, von der Polizei geschützt.“ Zu der zweigeteilten Demonstration mit getrennten Abschlußkundgebungen war es gekommen, weil sich die Gewerkschaften nicht zu einem klaren „nein“ gegen die Grundgesetzänderung durchringen konnte.
Deutliche Worte zu diesem Thema allerdings von Bischöfin Jepsen: „Das Grundrecht auf Asyl ist für die Demokratie in Deutschland unverzichtbar.“ Jepsen weiter: „Ich bin erschrocken über die Angst, die hier in unserem Land Nacht für Nacht durch Deutsche entsteht und geschürt wird.“ DGB-Chef Pumm verlangte, diejenigen konsequent zu verfolgen, „die in ihrem blinden Haß auf gesellschaftliche Minderheiten die Tötung oder den körperlichen Schaden von Menschen in Kauf nehmen“: „Sie haben keine Nachsicht verdient.“ Wer zu Übergriffen gegen Ausländer schweige oder Beifall spende, mache sich mitschuldig. Es stehe die
1größten Armutswanderung in der Geschichte der Menschheit bevor. Pumm: „Wer dies vermeiden will, muß sich mit aller Konsequenz für einen Wohlstandsausgleich in der Welt einsetzen.“ Kai von Appen/Peter Müller
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