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"Richtig gut angelaufen"

■ Auftakt zum I. Hamburger Filmfest auch im Glanz weniger Promis geglückt

auch im Glanz weniger Promis geglückt

Die Reeperbahn in der anbrechenden „Nacht der Premieren“: Ein versprengtes Filmteam dreht an der Ecke Taubenstraße eine kleine Szene. Ein Straßenmusiktrio hat sich dem Touristenstrom entgegengestellt, um den Leuten das Hartgeld aus den Börsen zu geigen. Berber hocken hinter ihren Sammelhüten - Business as usual.

Vor dem Aladin jedoch, das sich am Mittwochabend als eines der 28 Hamburger Premierenkinos präsentiert, steht das Kinopublikum um viertel vor acht Schlange und harrt des Eintritts zu Weiblich, ledig, jung sucht..., einem einwandfreien New Yorker Psycho-Thriller von Barbet Schroeder. Die Dame an der Kasse hat offenkundig zuvor noch eigens ihren Friseur besucht. Die beiden Kartenabreißer flankieren in strahlend weißen Hemden den Gang ins Kino - sie haben an diesem Abend besonders auf perfektes Äußeres geachtet. Vor den ausverkauften Reihen des schönen Kiez-Kinos begrüßt Theaterleiter Günter Meyer das Publikum mit einer dem Anlaß entsprechenden Feierlichkeit und dezentem Stolz - Applaus.

Festival-Chefin Rosemarie Schatter spricht zur selben Zeit im Studio ein paar Worte zur Premiere des Filmfestes und zu Stacy Cochrans Film My new gun. Doch das Studio ist an diesem Abend nicht ausverkauft - ein Wehmutstropfen für die Kinobesitzerstochter Schatter. Trotzdem konstatierte die Chefin gestern morgen zufrieden, das Fest sei „richtig gut angelaufen“, dazu lächelt sie noch etwas müde von den Repräsentationspflichten am Mittwoch. Schon am Donnerstagvormittag tummeln sich die Gäste aus dem In- und Ausland im Festival-Zentrum, Schlangen bilden sich am Ticketschalter, unermüdlich lächeln die Propagandisten der Sponsorenfirmen.

Am ersten Abend waren die Kinos den Erwartungen entsprechend zu Zweidritteln ausverkauft. Einen Film habe sie sich zwar am Mittwoch nicht ansehen können, doch eine Menge Spaß habe sie natürlich auch dabei gehabt, mit dem Star-

1gast James Le Gros, der in My new gun den Liebhaber spielt, über die Situation junger Schauspieler in den USA zu plaudern.

Das gesellschaftliche Glanzlicht sollte in der „Nacht der Premieren“ zweifelsohne der Senatsempfang im Alsterpavillon setzen. Lichter der Großstadt tanzten auf der Binnenalster, während drinnen in der trutschig-soliden Restauration Kultursenatorin Christina Weiss, deren Behörde das Fest mit

1einer runden Million Mark unterstützt, den Gästen mit der Anregung aufwartete, Hamburg brauche einen Arbeitskreis von Kinobetreibern und Filmemachern.

Die schienen sich an diesem Abend ausnehmend gut zu verstehen. Überall tratschten Berühmte und weniger Berühmte, die dabei von mehreren Kamerateams verfolgt wurden. Vielleicht fand gar ein Film, der bisher keinen Verleih hat, einen interessierten Kinobesit-

1zer, der eine Vorführung auf eigene Faust riskieren möchte. Auch das würde gut zum geglückten Auftakt des neuen Festes passen. Und einen neuen Verein gibt es auch schon: Gestern gab Film-Fonds- Chef Michael Eckelt die Gründung des Vereins „Filmstadt Hamburg“ bekannt, der die Hansestadt im Wettbewerb mit anderen Medienstandorten wie Berlin und München konkurrenzfähig halten will. Julia Kossmann

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