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Busbeschleunigung in Zeitlupe

■ Öffentlicher Nahverkehr in Eimsbüttel: Viele Pläne, wenig Taten / Straßenbahn: nur immer wieder Thema für Hochglanz-Gutachten

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Viele Pläne, wenig Taten / Straßenbahn: nur

immer wieder Thema für Hochglanz-Gutachten

Was wird aus der geplanten Busbeschleunigung, wann kommt die Straßenbahn? Diese Fragen stellten am Mittwoch abend 100 Eimsbüttler, die sich zu einer öffentlichen Anhörung zur „Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs“ in ihrem Bezirk im Hamburg-Haus am Doormannsweg eingefunden hatten, dem Vertreter der Baubehörde. Der Herr vom Amt aber hatte nur eine Botschaft für die Bürger: „Bitte warten, bitte warten“.

Thema Busbeschleunigung: Der Herr von der Baubehörde (Chef: Eugen Wagner) und der Vertreter des HVV (Aufsichtsratsvorsitzender: Eugen Wagner) gehen miteinander in den Clinch. HVV-Sprecher Martin Runkel klagt: „Das geht alles zu langsam“. Zwar habe der HVV „vehement dagegen protestiert, die Einführung der Busbeschleunigung in Eimsbüttel auf frühestens 1994“ zu vertagen, Erfolg habe der Protest aber nicht gehabt. Runkel: „Wagner hebt diesen Beschluß einfach nicht auf“.

Der Grund für die Zeitverzögerung: Die Baubehörde hat sich offensichtlich gründlich verkalkuliert, die Kosten galoppieren davon. Sollte die zweite Beschleunigungsstaffel, zu der auch die Eimsbüttler Buslinien 102 und 113 gehören, ursprünglich 60 Millionen Mark kosten, so rechnet die Baubehörde inzwischen mit einem Gesamtpreis von 280 Millionen Mark. Für dieses Geld sollen Busspuren eingerichtet, Ampelschaltungen so umgebaut werden, daß der Busfahrer vom Cockpit aus „grün“ anfordern kann. Nun tritt Wagner auf die Bremse. Bevor weitere Busstrecken beschleunigt werden, sollen die Teststrecken der Staffel 1 zwischen Altona und Osdorf, Wandsbek und Jenfeld nicht nur eingerichtet, sondern ihr Nutzen auch gutachterlich bewertet werden. Jörn Ingelmann, Leiter der Verkehrsplanung der Baubehörde: „Wir brauchen einfachere und billigere Lösungen“. Im Klartext: Das großartig angekündigte Busbeschleunigungsprogramm ist in seiner ursprünglichen Form schon wieder vom Tisch. Anson-

1sten: Bitte warten.

Thema Straßenbahn: Wann sie kommt, ja ob sie kommt, weiß auch in der Baubehörde niemand. Bereits zum zweitenmal brüten Gutachter über dem Thema; wie lange noch, ist nicht abzusehen. Werner Rönsch von der Hamburger Fahrgastinitiative erbost: „Vor jeder Bürgerschaftswahl legt uns Wagner ein neues Hochglanz- Gutachten vor, das bestätigt, wie sinnvoll die Wiedereinführung der Straßenbahn ist — aber nichts pas-

1siert.“ Baubehörden-Sprecher Ingelmann ist sich zwar sicher, daß eine Hamburger Straßenbahn „auf keinen Fall im Tunnel fahren soll“, doch weiß er nicht, wann sie das Licht der Welt erblickt. Auch hier: Bitte warten.

Weitere Forderungen der Anwohner: Die Anbindung der für 6000 Menschen geplanten Großsiedlung Burgwedel zwischen Schnelsen und Niendorf an die U-Bahn, die Wiedereinführung der Buslinie 104, die bis 1984 das Eims-

1büttler Zentrum mit dem Uni-Viertel verband, eine bessere Nahverkehrsverbindung für Uni-Klinik, Lokstedt und Niendorfer Gehege. Verkehrsplaner Ingelmann aber kam mit leeren Händen, bemerkte nur: „Ich habe denn Vorschlägen der Anwohner genau zugehört“. Was daraus wird: Bitte warten. Oder, wie es der SPD-Fraktionsvorsitzende des Bezirks Eimsbüttel, Götz Gade, formulierte: „Die Baubehörde macht mit uns doch eh, was sie will“. Marco Carini

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