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Giftige Wolke hängt über Lengerich

■ Feuer in einem Kunststofflager konnte auch gestern nicht restlos gelöscht werden

Lengerich (taz) — Der Großbrand in der westfälischen Stadt Lengerich hält Bevölkerung und Krisenstab weiter in Atem. Das in der Nacht zum Sonntag in einem Kunststofflager ausgebrochene Feuer konnte gestern noch nicht vollständig gelöscht werden; am Morgen war der Brand erneut aufgeflammt. Weil der Rauch wahrscheinlich giftige Stoffe enthält, wurden die Anwohner aufgefordert, sich nicht im Freien aufzuhalten und das Gebiet um die Kunststoffrecycling-Firma Micro-Plast zu meiden. Die Stadt hat den Anwohnern des Gewerbegebiets bereits Notunterkünfte angeboten. Bis zum Bekanntwerden weiterer Untersuchungsergebnisse solle auch kein Obst und Gemüse geerntet und Kinder vom Boden ferngehalten werden.

Erste Analysen darüber, welche giftigen Substanzen sich in dem aufsteigenden Rauch befinden, sollten gestern abend vorliegen. Nach Expertenmeinung lagerten auf dem Gelände rund 5.000 Tonnen Kunststoffe, darunter PVC, Polystron und Polyethylen — rund 1.000 Tonnen davon sollen verbrannt sein. Da bei der Verbrennung von PVC normalerweise hochgiftige Chlorgase und Dioxine freigesetzt werden, wird in Lengerich eine Evakuierung der Anwohner nicht ausgeschlossen.

Mit einer dumpfen Detonation und einer bis zu 30 Meter hohen Feuerwand war das Kunststofflager am Sonntag in Flammen aufgegangen. Nach dem Ausbrechen des Brandes waren von der Landesanstalt für Immissionsschutz in der Luft Salzsäure-Konzentrationen von bis zu 8,3 Milligramm pro Kubikmeter gemessen worden, die damit weit über dem an Arbeitsplätzen zulässigen Wert (1,5 mg) lagen. Rund 900 Menschen wurden evakuiert, konnten aber am Sonntag abend wieder in ihre Wohnungen zurückkehren. Bei den Löscharbeiten wurden 20 Menschen verletzt; drei Feuerwehrleute erlitten so schwere Verletzungen, daß sie in eine Intensivstation eingeliefert wurden. Die Brandursache war auch gestern noch unklar. Der Einsatzleiter der Feuerwehr berichtete, das Feuer sei an zehn verschiedenen Stellen zugleich ausgebrochen. Die schwarze Rauchwolke war noch 70 Kilometer südwestlich von Lengerich niedergegangen.

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