Sanssouci: Vorschlag
■ Throw That Beat In The Garbagecan! in Huxley's Neuer Welt
Neueste Nachrichten aus Franken. Throw That Beat In The Garbagecan!, der debilste Haufen Kindsköpfe seit der Familie Feuerstein, hat eine neue Platte gemacht. Sie ist mindestens genauso schlecht oder genauso genial wie die drei vorherigen. Dabei trennen die fünf Nürnberger immer noch konsequent die Musik selbst von den restlichen Erscheinungsformen der Band. Ihren sanften, manchmal kitschigen, manchmal flirrenden Sixties- Gitarrenpop nehmen sie gewohnt überernst. Da sitzt jeder Ton, schwelgt die Orgel, dängeln die Rickenbackers, schluchzen die Background-Chöre, jubilieren die Melodien, daß einem schlecht werden könnte vor so viel Wohlklang. Hin und wieder sind etwas rauhere Töne dazwischen, aber mehr als ein Alibi ist das nicht. Wenn der Beweis noch erbracht werden müßte, daß in der deutschen Provinz der ungebrochenste Zugang zu den Mythen der Popgeschichte möglich ist, dann hier.
Neben der Musik, die nur in manchem Tonfall von Sänger Klaus Cornfield parodistisches Potential offenbart, stehen die anderen Aktivitäten. Das reicht von den Comics von Cornfield, übrigens im Alpha-Verlag herausgekommen, die das Leben der Band auf einem Tick-Trick-und-Track-Niveau schildern, über die Texte, die von kleinen Mädchen handeln, wie sich kleine Jungs das so vorstellen, bis zu den Live-Auftritten. Auf der Bühne offenbaren sich Throw That Beat als eine Band, die schwer damit zu tun hat, die kabarettistischen Ambitionen von Sänger Klaus im Zaum zu halten. Mit seiner Stubenhockerbrille steht der Mickerling auf der Bühne und weckt jedes noch so kleine Krankenschwester-Syndrom bei den anwesenden weiblichen Wesen. Man möchte ihn in die Arme schließen und knuddeln, wenn er singt: „It's so hard to be cool/ I'm trying so hard to be cool“. Wenn er nicht gerade wie ein Bekloppter auf seiner Effektleiste herumtritt und immer den falschen Sound erwischt oder gerade vom Drum-Podest abspringt und auf der Schnauze landet, spielen Throw That Beat einen so reuelosen Gitarrenpop, wie man ihn in Deutschland bisher gar nicht zu denken wagte.
Aber angeblich — so behaupten sie nun selbst — war das Kleinkinderimage nur ein Werbe-Gag der Plattenfirma, und sie selbst wollen nun als ernstzunehmende Kapelle wahrgenommen werden. Also wurde Cornfield zu seinen infantilen Comics gezwungen? Wurden die anderen dazu geprügelt, kicherige Interviews zu geben und sich mit Blumen zwischen den Zähnen für die Titelbilder von Magazinen ablichten zu lassen und die Innenseiten vollzukrakeln? Wurden sie in Handschellen zum Flohmarkt geführt, um sich dort einzukleiden? Und wenn schon, wir wollen gar keine bierernsten Throw That Beat, wir wollen sie so, wie wir glauben, daß sie sind. Denn natürlich ist es nicht wahr, daß Kindermund Wahrheit kundtut. Aber aus Kindermund entströmen manchmal die gar allerschönsten Weisen und Weisheiten. Bewerft sie mit Gummibärchen! Thomas Winkler
Mit Body Love und Candy Dates am 14.10. um 20 Uhr in Huxley's Neuer Welt, Hasenheide 108-114, Kreuzberg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen