piwik no script img

Erste Erhaltenssatzung kommt

Protestveranstaltung gegen Umwandlungen / SPD will  ■ im Schrittempo neue Wege gehen

Das Wichtigste ging auf der Protestveranstaltung gegen die Wohnungsumwandlung fast unter: Der SPD-Abgeordnete Gerd Mertens kündigte an, seine Partei plane erstmals, die soziale Erhaltenssatzung anzuwenden, um die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu blockieren.

Das einzige politische Instrument, mit dem eine Landesregierung die rollende Umwandlungs-Lawine bremsen kann, wird bereits seit vielen Jahren erfolgreich in anderen Städten angewandt. In einem mit einer Erhaltenssatzung belegten Wohnviertel sind Modernisierungen, deren Kosten auf die Mieter abgewälzt werden, genehmigungspflichtig. Außerdem besitzt die Stadt hier ein Vorkaufsrecht für alle Häuser, die den Besitzer wechseln.

Auf seiner jüngsten Sitzung beschloß der SPD-Arbeitskreis Stadtentwicklung, dem auch Senatorin Traute Müller angehört, einstimmig einen Antrag für die kommenden Haushaltsberatungen der Bürgerschaft, den allerdings die SPD-Fraktion im November noch absegnen muß. Danach wird der Senat aufgefordert, „für einen besonders umwandlungssensiblen Stadtteil (...) soziale Erhaltenssatzungen zu erlassen“. „Zur Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Stadt“, heißt es in dem Antrags-Entwurf weiter, soll der Senat „entsprechende Haushaltsmittel“ bereit stellen. Damit ist klar: Die Erhaltenssatzung dürfte in Hamburg im nächsten Jahr kommen; doch nicht großflächig, sondern nur als Pilotprojekt.

Auf der bislang größten Hamburger Protestveranstaltung gegen die rollende Umwandlungswelle, die am Donnerstagabend im Gemeindehaus des Michels stattfand, hatte der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Bernd Röder zuvor dem Senat genau in diesem Punkt Untätigkeit vorgeworfen: „Statt immer nach Bonn zu schielen, können Sie mit Hilfe der Erhaltenssatzung hier konkret etwas gegen die Umwandlungslawine tun“. Seiner Partei hingegen wäre auf Bundesebene „durch die Koalitionsvereinbarungen die Hände gebunden“.

Für den angesprochenen Koalitionspartner erklärte Ex-Wirtschaftssenator Wilhelm Rahlfs, seine Partei werde „die Steuerbegünstigungen für Menschen, die Wohneigentum erwerben wollen, nicht gänzlich abschaffen“. Doch gerade diese gelten unter Experten als Haupttriebfeder der Umwandlungswelle. Allein in Hamburg werden laut Eckard Pahlke, dem Vorsitzenden des Mietervereins zu Hamburg, bei ungebremster Umwandlungsflut Steuergeschenke von jährlich einer Milliarde Mark verteilt, mit der Folge, daß Altmieter aus ihren Wohnungen vertrieben werden.

Die klarste Position vertrat auf der Mieter-Veranstaltung vor 450 Anwesenden der Vertreter des Grundeigentümer-Verbandes: „Wer keine Umwandlung will, soll versuchen sie zu verbieten“, statt mit Krücken wie längeren Kündigungsfristen und Erhaltenssatzungen zu hantieren. Dies sei allerdings wegen des gesetzlich verbürgten Eigentumsschutzes „rechtlich nicht durchsetzbar“. Dem aber widersprach Mieter-Jurist Twisselmann: „Eine völlig falsche Rechtsauslegung“. Marco Carini

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen