: "Weitergehende Pläne"
■ Altenwerder: Räumungsklage gegen Fischer Heinz Oestmann / SAGA will angeblich Platz für Aussiedler schaffen / Bezirksamt weiß von nichts
schaffen / Bezirksamt weiß von nichts
Die städtische Wohnungsbaugesellschaft SAGA versucht, einen der letzten Bewohner des für die Hafenerweiterung vorgesehenen ehemaligen Fischerdorfes Altenwerder herauszuklagen. Am kommenden Mittwoch verhandelt das Amtsgericht Hamburg-Harburg eine Räumungsklage der SAGA gegen die sechsköpfige Familie des Elbfischers Heinz Oestmann. In dem Haus will die SAGA Aussiedler unterbringen. Die Sozialbehörde und das Bezirksamt Harburg wissen davon allerdings nichts.
Oestmann, einer der Mitbegründer der damaligen Hamburger „Bunten Liste“, kämpft seit Jahren gegen die Hafenerweiterung. Mehr als 2000 Bewohner wurden seit Beginn der 70er Jahre aus dem ehemaligen Fischerdorf umgesiedelt, ihre Häuser abgerissen. Heute wohnen noch 35 Menschen in Altenwerder. 1979 verkaufte auch Oestmanns Mutter ihr Haus an die Stadt; es wird seitdem von der SAGA verwaltet. Ihr Sohn erhielt ein Nutzungsrecht, dessen Umfang allerdings strittig ist. Nach Ansicht der SAGA beansprucht der Fischer „mehr Raum als ihm zusteht“, so SAGA-Sprecher Klindt zur taz. Oestmann dürfe lediglich über den 1. Stock des Hauses verfügen. Widerrechtlich nutze er jedoch auch Erd- und Untergeschoß und habe sogar Untermieter aufgenommen. Die will die SAGA nun raushaben, um, so Klindt, „vorübergehend dort Aussiedler unterzubringen“. Welche Zeitspanne der SAGA vorschwebt, wollte Klindt „auch mit Hinweis auf das schwebende Verfahren“ nicht präzisieren: „Es ist ja bekannt, daß es da noch weitergehende Pläne mit Altenwerder gibt“.
In der für die Unterbringung von Aussiedlern und Asylbewerbern zuständigen Sozialbehörde weiß man von einem entsprechenden SAGA- Angebot allerdings nichts. Der Leiter des Arbeitskreises Unterbringung in der Sozialbehörde, Frank, bestätigte der taz, daß es „keinerlei Pläne gibt, Aussiedler nach Altenwerder zu schicken“. Zudem seien einzelne Wohnungen oder Häuser für seine Dienststelle, die in „größeren Dimensionen“ denken müsse, „völlig uninteressant“. Mietwohnungen, auch leere, dem Wohnungsmarkt zu entziehen, komme ohnehin nicht in Frage.
Auch im für Altenwerder zuständigen Ortsamt Süderelbe, so Ortsamtsleiter Sielaff, sind die SAGA- Pläne „völlig unbekannt“.
Nach Ansicht von Heinz Oestmann und dem Förderkreis „Rettet die Elbe“, der seit mehr als einem Jahrzehnt und gegen die Hafenerweiterungspläne des Hamburger Senats kämpft, gibt es einen ganz anderen Grund für die Räumungsklage. Sie sei ein „Einschüchterungsversuch“, so Herbert Nix vom Förderkreis. Oestmann verfüge über das Nutzungsrecht für das gesamte Haus. Dies sei vom Amtsgericht Hamburg-Harburg, das am Mittwoch über die Klage verhandelt, bereits in einem Beschluß im August 1980 bestätigt. Außerdem, so Nix, „hat Oestmann die Schlüssel zu sämtlichen Räumen des Hauses erhalten, und die SAGA zahlt auch seit Jahren anstandslos einen Heizkostenzuschuß für das gesamte Gebäude“. smv
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