Standbild: Die Ehre der Männer
■ "Die unheimlichen Anmacher"
„Die unheimlichen Anmacher“, Donnerstag, 20.15 Uhr, ARD
Zur besten Sendezeit wurde all jenen Frauen ins Gewissen geredet, die breit und bierbäuchig im Sessel lagen, während ihre Männer naturgemäß den Abwasch besorgten, die Kinder ins Bett brachten, die Wohnung aufräumten und sich dann in den Schlaf weinten. Auch wenn sich die Situation der Männer in den letzten Jahrzehnten verbessert haben mag, respektiert werden sie von uns Frauen noch lange nicht. Die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist nur ein Beispiel für den Ärger, den die Männer täglich durchstehen müssen. Aber nun tun sie etwas dagegen.
Wer kennt nicht die Fahrlehrerinnen, die ihre verschwitzten Muskelarme vertrauensvoll um den schüchternen jungen Fahrschüler legen? Im Büro den Klaps auf den Po, wenn sich der hübsche Sekretär über den Kopierer beugt? In den Buden der Bauarbeiterinnen die zahllosen Nacktfotos appetitlicher Männer, wer kennt sie nicht, wer schaut nicht gerne hin? Wie gern zieht diese oder jene Chefin den dunkellockigen Azubi auf ihren Schoß, verspricht steilen Aufstieg und bevorzugte Behandlung, wenn sie mal kurz zwischen seine Beine darf. Das kommt vor. Schön ist es nicht. Viele noch traditionell erzogene Frauen haben Schwierigkeiten, zwischen Firt und dumpfer Anmache zu unterscheiden. Männer ziehen sich ja oft aufreizend an, wippen mit ihren Minis, werfen verlockende Blicke. Werden sie angesprochen, erröten sie und schlagen die Augen nieder. Auch gutmeinende Frauen sind heute verunsichert.
Verrückterweise schämen sich die Männer noch für die ungehobelten Manieren der Frauen. Die Scham an die Belästigerinnen zurückzugeben, ist nicht leicht. Männerbeauftragte in vielen Firmen und Betrieben fordern seit langem einen Regelkatalog, werden von den Frauen in den oberen Etagen aber immer wieder zurückgepfiffen. Auch im Bundestag wird über ein einschlägiges Gesetz gestritten. Der Männer-Minister verzweifelt ob der Sturheit seiner weiblichen Kollegen. Vielschichtig ist das Problem. Lippenbekenntnisse helfen nicht weiter. Uns Frauen ins Gewissen zu reden, glückt auch nicht immer.
Wer sitzt denn am Sonnabend wieder vor der Glotze, wenn kurzbehoste Frauen einem runden Leder nachjagen? Und uns Männe sitzt derweil vor dem Schminktisch und träumt von besseren Zeiten.
Geben wir auf die Männer acht: Was wären wir ohne sie? Olga O'Groschen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen