: De Klerk will Amnestie durchpeitschen
■ Tauziehen um Apartheid-Straffreiheit
Johannesburg (taz) – „Ein Verbrecher kann sich seine Untaten nicht selber vergeben“: Mit diesen Worten kritisierte ANC-Präsident Nelson Mandela gestern die Absicht des südafrikanischen Präsidenten Frederik de Klerk, ein umstrittenes Amnestiegesetz trotz der Ablehnung durch das Parlament doch durchzupauken. Das Gesetz soll Agenten des Staates, die Verbrechen zur Verteidigung der Apartheid begangen haben, Straffreiheit garantieren. Es scheiterte am Mittwoch am Widerstand der Kammer für Inder. Die regierende Nationale Partei will es nun auf dem Umweg über von den von ihr kontrollierten Präsidentschaftsrat durchpauken. So könnte das Gesetz innerhalb von zwei Wochen doch in Kraft treten.
„Ich kann mir diesen Schritt nur erklären mit der Annahme, daß de Klerk dem Sicherheitsapparat eine Amnestie versprochen hat“, sagte Tony Leon, Justizsprecher der liberalen Demokratischen Partei (DP). Das Amnestiegesetz bedeute eine drastische Vergrößerung des Kreises der Terroristen, Bombenleger und staatlichen Mörder, die ihre Taten jetzt unerkannt hinter sich lassen könnten. Welche Verbrechen davon betroffen sind, deutete sich am Mittwoch im Obersten Gericht in Johannesburg an. Dort wurden Hinweise aufgedeckt, daß eine Sondereinheit des Militärs das Attentat an dem weißen oppositionellen Akademiker David Webster verübt hat. Ein Journalist sagte aus, er habe von einem führenden Mitglied des „Büros für bürgerliche Zusammenarbeit“ (Civil Cooperation Bureau – CCB) erfahren, daß diese Geheimgruppe des Militärs Webster 1989 ermordet habe. Polizisten hatten letzte Woche ausgesagt, daß es dafür keine eindeutigen Beweise gebe.
Wessel Rousseau, der Polizist, der die Mordermittlungen durchführte, mußte sich die Akten der Sicherheitspolizei über Webster auf Umwegen beschaffen, um die Sicherheitspolizei nicht auf sich aufmerksam zu machen. Zwei ehemalige CCB-Mitglieder, die von der Polizei in Untersuchungshaft genommen wurden, wurden in ihren Zellen von Militärgenerälen aufgesucht, die sie davor warnten, der Polizei Einzelheiten über ihre Arbeit mitzuteilen. Hans Brandt
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