: Alte Kameraden
■ Wie Konrad Kunick einem alten Stalinisten im Rigaer Knast die Ehre erwies
Zeig mir Deinen Kumpel und ich sag Dir, wer Du bist. Ist doch so: Seit Helmut mit dieser unmöglichen Schnepfe rummacht, kann man ihn voll vergessen. Und seit Marianne usw. usf. Und das gilt natürlich auch für PolitikerInnen, nur da wird das Ganze ein bißchen unfeiner ausgedrückt: Wer sich mit den Schweinen hinlegt braucht sich nicht zu wundern, wenn er beim Aufstehen stinkt.
Zum Beispiel Konrad Kunick. Kennen Sie den noch? So ganz viel hört man ja nicht mehr, seit der Mann nicht mehr Senator sein durfte. Ein einziges Mal hat er seit der Wahl in der Bürgerschaft reden dürfen, damit immerhin einmal mehr als sein alter Kumpel und Kollege Peter Sakuth. Ansonsten sitzen die beiden nebeneinander in der letzten Reihe und langweilen sich.
Aber die Herrschaften haben ja Hobbies: Koalitionen aus dem Hinterhalt kippen, zum Beispiel. Doch darum solls heute ausnahmsweise mal nicht gehen. Konrad Kunick hat noch einen ganz anderen Job: Er ist nämlich (bitte anschnallen und das Rauchen einstellen) Präsident der Gesellschaft zur Förderung der Beziehung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Lettland sowie den Völkern des Ostens — Bremen, Unterweser e.V.. Bis zur Umbenennung des Vereins im Frühjahr diesen Jahres war er nur Vorsitzender der Deutsch-Sowjetischen Gesellschaft, aber Präsident — das macht schon mehr her.
Zum Beispiel, wenn man nach Lettland fährt und da viel vorhat. Konrad Kunick war da. Und da hat er nicht nur Hilfslieferungen vorbereitet. Was gibt es schöneres, als sich um einen alten Kameraden in Not zu kümmern? Kunick hat so einen in Riga, der sitzt im Knast: Alfred Rubiks, ach wie eng hat man doch früher zusammengearbeitet, in der guten, alten Zeit. Da war Rubiks in Riga noch zuständig für die Städtepartnerschaft. Jetzt sitzt er im Rigaer Knast, verschärft, und unser humanitärer Präsident Kunick hat dort oft und oft vorgesprochen: Wie es dem Gefangenen denn geht, ob er denn auch anständig behandelt wird und so weiter.
Da fragt sich natürlich das geneigte Publikum, wer zum Teufel dieser Rubiks ist? Alfred Rubiks war Parteichef in der Lettischen KP, und als in Moskau die Panzer rollten, da hat Rubiks wild telefoniert, daß die Panzer dringendst auch nach Lettland kommen sollen. Bekanntermaßen hat das nicht so richtig geklappt, dafür sitzt der übelste Putschist nun bei den Balten im Gefängnis. Wie schön, wenn man da nicht völlig vergessen wird. Aber vielleicht spekuliert Präsident Kunick ja darauf, daß Rubiks doch nochmal was zu sagen haben wird. Wer sich mit den Schweinen niederlegt... Und der wollte Bremer SPD-Vorsitzender werden.
Da stell ich mir vor, Geißler fährt nach Florida, weil da Noriega, und dann die SPD — ach, das stell ich mir lieber nicht vor.
Ihre Rosi Roland
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