■ Aus polnischer Sicht: Staatskopfstand
Die Diskusion darüber, ob nun in Deutschland ein Staatsnotstand herrsche, ist unverständlich und überflüssig. Wenn ein Regierungschef behauptet, daß der Notstand da ist, dann ist das entweder richtig oder falsch. Wenn es aber falsch ist, dann ist es doch richtig – ein Staat, dessen Regierungschef in einer so wichtigen Angelegenheit irrt, befindet sich im Notstand.
Eine Hoffnung, wie Präsident Clinton für die Amerikaner eine ist, gibt es für die Deutschen nicht. Björn Engholm? Zwar auch ein schöner Bub, aber im Zwist mit eigener Partei und eigentlich darin originell, daß er die Konkurrenz nachahmt. Oskar Lafontaine? Zu intellektuell und korruptionsverdächtig. Daß Petra Kelly eine echte Hoffnung für dieses Land wäre, hat man erst nach ihrem Tode erkannt.
Die letzte Chance liegt in der Genmanipulation: man müßte einen Bundeskanzler für das Deutschland aus den Chromosomen mehrerer Personen zusammensetzen. Sicherlich müßte es eine Frau sein. Oder wenn's zuviel verlangt ist, wenigstens ein Hermaphrodit. Schön wie Lambsdorff und Süssmuth, intelligent wie Max Streibl, entschieden wie Engholm, bescheiden wie Kohl, sparsam wie die Hamburger Landtagsabgeordneten, ehrlich wie Stolpe, beliebt wie Möllemann, kompetent wie Schwätzer, unempfindlich wie Krause, unkorrumpierbar wie Späth, mit einer kristallklaren Vergangenheit wie Schönhuber, ernsthaft wie Blüm, elegant wie Mielke, tolerant wie Lummer.
Sobald es den Wissenschaftlern gelingt, diese genetische Kreuzung zu züchten, wird Deutschland gerettet sein und der Notstand beseitigt. Bis dahin müssen sich alle anstrengen und aus der Realität das Beste machen. Piotr Olszowka
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen