■ Press-Schlag: Demo-Verbot für Lothar Matthäus
„Mutig reiht sich der FC Bayern München, Streibl zum Trotz, ein in den Kampf gegen die Ausländerfeindlichkeit. Mit Kapitän Lothar Matthäus an der Spitze beteiligten sich die Kicker des Bundesliga-Tabellenführers am Sonntag an der großen Demonstration in Berlin.“ Bayern München als fußballerische Speerspitze im Kampf gegen den Ausländerhaß? Uli Hoeneß als Protagonist der Kampagne „Keine Macht den Doofen“? Gerd Müller als Mahner der Nation? Klaus Augenthaler als Abseitsfalle für Neonazis? Viel zu schön natürlich, um wahr zu sein!
Anstatt die einmalige Gelegenheit, den notorisch angekratzten Ruf ein wenig aufzupolieren, mutig beim Schopf zu ergreifen, zog es der FC Bayern vor, in einem gewissen Pöcking, dem neuen Wohnort von Lothar Matthäus, ein Privatspiel zu bestreiten (23:0). Nicht einmal ein bundespräsidenteller Wink mit dem Zaunpfahl — die Einladung zur Berliner Demo, die Richard von Weizsäcker an Matthäus aussprach — konnte die Münchner dazu veranlassen, statt nach Pöcking schnurstracks an die Spree zu fahren. Statt dessen untersagte Trainer Erich Ribbeck seinem Kapitän sogar die geplante Reise nach Berlin.
Da hilft der schönste Redefluß nichts, Ribbeck läßt sich nicht bluffen und hat scharfsichtig erkannt: „In erster Linie ist Lothar Fußballer — nicht Politiker.“ Wer bei den Münchner Bayern der Politiker ist, daran ließ Ribbeck keinen Zweifel. „Diese Demo“, analysierte der Bayern-Coach, „ist ein einziger Rummel, da werden nur Reden gehalten. Ich kann es nicht mehr ertragen.“
Mundhalten und Fußballspielen hieß es also für Matthäus, der Ruf des Landesvaters verhallte ungehört und auch die Frage, ob die Kondition des Rekonvaleszenten schon für mehr als sechzig Demo-Minuten reicht, wird für immer unbeantwortet bleiben. „Der Verein ist der Meinung, es ist wichtiger, daß ich beim Spiel in meiner neuen Heimat Pöcking dabei bin — und hat daher für mich abgesagt“, teilte Matthäus lapidar mit.
Wenn man Erich Ribbeck glauben darf, ist das Problem ohnehin längst gelöst. „Daß man gegen Ausländerhaß ist, ist doch selbstverständlich“, findet der alerte Trainer. Ja dann... Matti
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