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Aktiver Streik für Gymnasium

■ Gymnasial-Schüler des SZ Huckelriede wollen nicht nach Obervieland / Protestversammlung in der Turnhalle

„Aktiver Streik“ steht auf einem großen Transparent über dem Eingang des Schulzentrums Obervieland. Gut 200 SchülerInnen der gymnasialen Oberstufe versammelten sich gestern vormittag unter der Parole „Wir bleiben, egal was kommt“ in der Turnhalle, um über die Lage zu beraten: Das Votum der Schulreform-Kommission hat die SchülerInnen aufgeschreckt, nach dem sie mit dem Sek- I-Schulzentrum Obervieland zusammengelegt werden sollen.

„Keine Mammutschule in Obervieland“ ist die Parole in Huckelriede, gegen „Schülerdeportation“ und Massentierhaltung — jetzt auch für Schüler“ wenden sich die beschrifteten Pappschilder. Die Stimmung im Saal ist eindeutig: Die Sek-II- Schüler in Huckelriede wollen in Huckelriede bleiben. Keine Stimme regt sich für die Schulintegration. An „Integration“ glauben die Schüler nicht, aus Erfahrung: auch zum Schulzentrum Huckelriede gehören Berufsschüler dazu, die Gy-Kurse haben mit ihnen aber rein gar nichts zu tun. Wie fremd sich die beiden Gruppen sind, machte eine kleine Nebenbemerkung klar: Als ein Berufsschüler auftritt — ein lernender Bankkaufmann, mit Schlips — erläuterte Geschichtslehrer Schwinning: „Wenn man dort arbeitet, trägt man so ein Kleidungsstück.“ Keiner der Oberschüler in der Turnhalle trug Schlips. auch kaum einer der Lehrer.

In Arbeitsgruppen, deren Ergebnisse gestern der Vollversammlung der Gy-Schüler vorgetragen wurden, haben die Pennäler die Umstände ihrer Schule durch eine Umfrage erkundet: 73 Prozent der Eltern sind Angestellte oder Beamte, 88 Prozent erwarten sich nicht „mehr Integration“ von einem Umzug der Schule ins SZ Obervieland, 72 Prozent finden sich nicht elitär, die große Mehrzahl kommt mit dem Fahrrad — also aus Habenhausen oder der Neustadt. Das Schulzentrum Obervieland liegt ihnen zu weit weg, es ist zu groß, hat keinen ordentlichen Bühnenraum für das Schultheater, keine ausreichenden Fachräume für die Leistungskurse. Der Schüler Markus F., der sich unter dem Gejohle der anderen als „bekanntlich FDP-Mitglied“ vorstellt, berichtet von einem Gespräch mit der Polizei: Drogenprobleme soll es in Kattenturm geben, sprunghaft steigende Einbruchsdelikte. „90 Prozent der Krminellen kommen aus sozial schwachen und zerrütteteten Familienverhältnissen“, sagt der Oberschüler. Ein sozialer „melting pot“, wie er formuliert; die Huckelrieder Schüler sollten dazu benutzt werden, das des Schulzentrums Obervieland aufzubessern.

Auch die Forderung, eines der beiden von der FDP in die Koalitionsvereinbarung eingebrachten „durchgängigen Gymnasien“ hier in Huckelriede einzurichten, findet Unterstützung. „Die Schönen und Reichen in Schwachhausen haben zwei Gymnasien.“ Warum ist keines links der Weser? Die Berufsschüler des Schulzentrums sind übrigens auch dafür, daß mehr Räume für ein durchgängiges Gymnasium gebraucht werden — dann sehen sie eine Chance, wieder zurück in die Innenstadt zu kommen. K.W.

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