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Ohne Kontinuität keine Jugendarbeit gegen rechts

■ Sozialarbeiter fordern Perspektiven für Arbeit mit rechtsextremen Jugendlichen

Mitte. „Man kann Jugendlichen nur dann eine Perspektive geben, wenn man selber eine hat und nicht weiß, daß man im nächsten Jahr wieder auf der Straße steht und die nächste ABM-Kraft sich um das Vertrauen der Jugendlichen mühen muß.“ So formulierte es eine der 250 TeilnehmerInnen der Fachtagung „Jugendarbeit und Rechtsradikalismus“ auf dem Abschlußplenum am Samstag. Sinnvolle Arbeit gerade mit schwierigen Jugendlichen sei auf Kontinuität und damit auf gesicherte Rahmenbedingungen angewiesen. Sie dürfe sich nicht als Feuerwehr mißbrauchen lassen, die von der Politik an den brisanten Stellen eingesetzt werde.

Man könne sich nicht mehr nur an favorisierte Zielgruppen wie Kinder, handverlesene Alternative oder kreative „Stinos“ (Stinknormale, d.Red.) richten. „Jugendarbeit muß sich verstärkt interkulturell – und das heißt auf die Verständigung von Ossis, Wessis und Ausländern orientieren“, sagte Ralph Ghadban, Leiter der Arbeitsgruppe „Straßensozialarbeit – ein politisches Alibi?“.

Die akzeptierende Arbeit mit rechtsorientierten Jugendlichen wurde in der Arbeitsgruppe „Wird Sozialarbeit mit rechtsradikalen Jugendlichen zu rechtsradikaler Jugendarbeit?“ diskutiert. Skin sei nicht gleich Skin, die Szene sei vielmehr heterogen, in ihr gebe es auch Linke, sagte ein Sozialarbeiter, der im Westteil der Stadt seit einigen Jahren mit Skinheads arbeitet. Auch sei ein Ost-West-Gefälle deutlich. „Bei uns sind schon viele Haare nachgewachsen, weil die Jungs nicht mit 'ner Ost-Glatze verwechselt werden wollten. Im allgemeinen gilt Glatze = Osten = ungeil.“ Daher gebe es im Westen kaum noch Nachwuchs für die 19- bis 21jährigen, die der Szene allmählich entwüchsen.

Der Rechtsradikalismus sei jedoch nicht auf Skinheads zu begrenzen, so Bernd Wagner vom Berlin-Brandenburgischen Bildungswerk. „Es handelt sich vielmehr um eine breit angelegte soziale Bewegung von Rechtsaußen, die in der Jugendszene auch in Heavy-Metal-Kreisen sowie unter Fußball- und Eishockey-Fans Einfluß zu gewinnen sucht.“ Die Empfänglichkeit für rechtsextreme Ideologien gerade bei Ost-Jugendlichen erkläre sich aus einer ungeheuren Wut über die verheerenden Folgen der Vereinigungspolitik und die Erfahrungen von Lügen und Unaufrichtigkeit im alten wie im neuen System. Diese Wut habe irrationale Auslöser, sei aber in ihrem Grund sozial bestimmt. Nur dort könne man ansetzen.

Wenn die Wiking-Jugend unter Jugendlichen im Märkischen Viertel aktiv wird, stehen erst mal Zeltlager und Freizeitaktivitäten auf dem Programm. Die Ideologie kommt später. „Bis dahin hat Jugendarbeit noch gute Chancen, die Jugendlichen zurückzuholen“, sagte eine Sozialpädagogin. Je fester die Jugendlichen diese Denkmuster verinnerlicht hätten, desto weniger seien sie durch Sozial- und Jugendarbeit ansprechbar.

Von den eingeladenen Politikern war nur der SPD-Bundestagsabgeordnete Konrad Elmer gekommen. Seine Alternative zur Demokratieverdrossenheit lautete Verankerung größerer bürgerlicher Mitbestimmungsrechte sowie des Wortes „Mitmenschlichkeit“ in der Verfassung. Damit stieß er allerdings auf Unverständnis. „Meine Jugendlichen sind zwischen 14 und 17, die dürften bei einem Plebiszit nicht mitmachen, und das würde sie auch wenig interessieren. Um die menschliche Förderung kann sich die Politik sowieso nicht kümmern, die müssen wir leisten, und das tun wir gern“, so einer der Anwesenden. cor

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