piwik no script img

Phallus verhüllt

Phallus verhüllt

Eine Leiter und Gummistiefel gegen die Flut, ein weißes Leinentuch und rote Sprühfarbe waren die Hauptrequisiten des Starts einer Aktion im Nordseebad Dangast, (Landkreis Ammerland) die Künstler für die Aids-Hilfe aktivieren soll. Der 3,20 Meter hohe Granit-Phallus, der seit 1984 im Wattenmeer steht, wurde am Dienstag vorübergehend „verhüllt“.

Nach amerikanischem Vorbild will der Aids-Arbeitskreis für die Region Oldenburg Künstler aller Sparten einladen, sich an einem Projekt im August 1993 in Dangast zu beteiligen. Im Mittelpunkt soll wiederum das unzweideutige Werk des Oldenburger Bildhauers Eckart Grenzer stehen. Dann soll die „Präservierung“ mittels eines Riesenkondoms aus bemalter Fallschirmseide geschehen. Mit Helium aufgeblasen, soll das Objekt anschließend als Ballon über dem Meer „entsorgt“ werden.

Das Desinteresse der Öffentlichkeit am Thema Aids und die Sorglosigkeit im Umgang mit Sex haben Aids-Berater und Aids-Kranke der Nord-West-Region zu dieser spektakulären Aktion veranlaßt. Das Medieninteresse sei bewußt einkalkuliert, läßt Silvia von Düffel, Aids- Beraterin und Sprecherin des Arbeitskreises, beim Gespräch mit Journalisten im Kurhaus durchblicken. Mit „Kreativität und Phantasie“ müsse die verdrängende Öffentlichkeit sensibilisiert werden.

„Gemeinsam der Gefahr begegnen“ ist das Motto des diesjährigen Welt-Aids-Tages am 1. Dezember. Daß dieses Motto bei den Künstlern Resonanz findet, die sich ohne Honorar mit Bild, Text und Musik in das große Happening im nächsten Sommer einbringen sollen, hoffen die Initiatoren zunächst nur. Immerhin, die bildenden Künstler der IG Medien haben ideelle Unterstützung bereits angekündigt.

Ansonsten, sagt Grenzer, werde er eben allein zur Tat schreiten, wenn sein Granit-Phallus, der ursprünglich als frohe Kunde von der „Begegnung der Geschlechter“ gedacht war, zum einem „Mahnmal“ umfunktioniert wird.

Karin Gütlein / dpa

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen