: Tic tac - vom Lächeln im Freiraum
■ Reinhold Schäfer feiert sein 20jähriges Dienstjubiläum mit dem Stück „tic tac tonight“
Reinhold Schäfer ist freier Schauspieler in Bremen. In den 70er Jahren begann er bei der Roten Grütze, seit 1986 arbeitet er am „freiraum“-Theater in Bremen. Am Samstag feiert er sein 20jähriges Dienstjubiläum als „Freier“. Wir konnten das auf keinen Fall übergehen.
taz: Wenn man 20 Jahre in einem Betrieb gearbeitet hat, bekommt man einen Lorbeerkranz und eine Urkunde. Was kriegst Du am Samstag?
Reinhold Schäfer: Ich kriege mein eigenes Stück. Mein erstes großes Solo-Erwachsenenprogramm: „tic tac tonight“. Das ist mein eigenes Geburtstagsgeschenk. Ein Abendprogramm, das sich durch verschiedene komödiantische Stil- und Spielarten hindurch leicht philosophisch wie satirisch mit der Zeit beschäftigt.
Es gibt das Vorurteil, daß freie Theaterarbeit im Grunde eine Vorbereitung auf eine fest eingebundene Karriere ist.
Das ist ein falsches Vorurteil. Das ganze europäische Theater, „Theatre du Soleil“, die ganze europäische Theaterbewegung auf Spitzenniveau ist freies Theater. Englische Gruppen, spanische Gruppen. Das reine Staatstheater gibt es in der starken Form nur in Deutschland.
Dein Geschenk zum 20sten ist kein politisches Theater, das auf Ausländerfeindlichkeit reagiert?
Nein, das ist es absichtlich nicht. Es ist ganz stark aus Lust geschrieben. Ich habe in den letzten Jahren gemerkt, daß ich als Komiker den Leuten etwas geben kann.
Das macht Spaß, wenn man im Theater merkt, daß man dem Publikum was geben kann?
Ja. Ich bin an einem Punkt angekommen, wo ist sage: ich lache lieber über etwas als daß ich über etwas weine. Als Schauspieler weiß man, daß es im Zwerchfell einen Punkt gibt, wo das Lachen in Heulen umkippt. Das ist ein Bewußtseinsschritt. Ich habe viele Tragödien in meinem Leben erlebt, private und auch politische, ich will mir das Recht nehmen, auch zu lächeln: Wie komisch das auch ist. Kosmisch komisch.
Hast Du mit so einer Vorstellung von Theater angefangen vor 20 Jahren?
Ich habe angefangen mit einem Sexualaufklärungsstück bei der Roten Grütze. Das kam total über den Bauch: „Darüber spricht man nicht“.
Was erwartest Du von Heyme?
Ich persönlich habe zu seinem ersten Stück, Helena, keinen Bezug gehabt. Ich bin da allerdings verwöhnt durch das „theatre du soleil“. Einen mythologischen Stoff auf politische Themen umzusetzen — das interessiert mich so nicht mehr. In der Myhologie geht es um tiefere Dinge. Ich würde mir wünschen, daß ich wieder öfter Lust bekomme, ins Goethe-Theater zu gehen.
Als freier Schauspieler ist man in Bremen auch immer Kulturpolitiker: Macht das Spaß mit der neuen Senatorin?
Schwierige Frage. Ich wünsche der Helga Trüpel, daß sie die Gelassenheit hat, Dinge hinzunehmen, die sie nicht ändern kann. Und den Mut, Dinge zu ändern, die sie ändern kann. Und die Weisheit. Das eine vom anderen zu unterscheiden.
Lernt man sowas in tic tac?
Man lernt lachen. Es ist gut, auch über Vorgänge in der Behörde eher zu lächeln.
Warum heißt das Stück tic tac?
„tic tac tonight“? Weil es immer tickt. Irgendwann verwandelt sich das dann, durch die einzelnen Stile hindurch kündigt sich eine Verwandlung an. Darüber möchte ich aber nicht mehr verraten — vor der Premiere. Fragen: K.W.
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