: Sanktionen gegen Rote Khmer
Kambodscha: Am Montag beschloß der UN-Sicherheitsrat ein Erdöl-Embargo gegen die kambodschanische Gruppierung/ Festhalten an Wahlen im kommenden Mai ■ Von Jutta Lietsch
Berlin (taz) – UN-Generalsekretär Butros Butros Ghali hatte davon abgeraten, den Roten Khmer mit Sanktionen zu drohen, um sie zur Teilnahme am kambodschanischen Friedensplan zu zwingen. Angesichts des kaum noch vermeidbaren Scheiterns der bislang größten und teuersten Intervention in der Geschichte der UNO hatte er sich mehr Zeit ausgebeten, um doch noch eine diplomatische Lösung erreichen zu können.
Am Montag verabschiedete der Sicherheitsrat jedoch eine Resolution, nach der Exporte von Erdöl oder Erdölprodukten in die von den Roten Khmer kontrollierten Regionen verboten ist. Auch der Bezug von Holz aus diesen Gebieten, bislang eine wichtige Einnahmequelle der Gruppierung, wurde untersagt.
Die Resolution 792 kommt zwei Wochen nach Ablauf des letzten Ultimatums des UN-Sicherheitsrates an die Roten Khmer, die sich weiterhin weigern, ihre Truppen zu entwaffnen und der UN-Übergangsverwaltung in Kambodscha (UNTAC) Zugang zu ihren Gebieten zu gewähren. Über die Verhängung der Sanktionen hinaus bestätigt die UNO zudem, daß die UNTAC an der Vorbereitung der Wahlen im kommenden Mai festhalten soll. Bis zum 31. Januar soll die Registrierung aller WählerInnen abgeschlossen sein. Wenn sich die Roten Khmer bis dahin nicht bereitgefunden haben, Wahlvorbereitungen auch in ihren Gebieten treffen zu lassen, werde die Wahl auch ohne sie stattfinden.
China, eins der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates, enthielt sich der Stimme und machte damit trotz fortdauernder Bedenken keinen Gebrauch von der Möglichkeit, ein Veto einzulegen. „Anstatt zur Lösung der Probleme beizutragen“, sagte Chinas Botschafter bei der UNO Li Daoyu nach der Abstimmung, „werden Sanktionen die Differenzen und die Gegensätze verschärfen und damit zu neuen und komplizierten Problemen in Kambodscha führen.“ China habe sich der Stimme auch enthalten, sagte Li, weil die Resolution eine Wahl ohne Beteiligung der Roten Khmer möglich macht.
Diese militärisch stärkste Gruppierung der ehemaligen kambodschanischen Widerstandskoalition kontrolliert heute etwa 10 bis 15 Prozent des Landes. Gemeinsam mit der zuvor von ihr bekämpften Regierung unter Premier Hun Sen hatte sie sich im Oktober vergangenen Jahres auf ein Ende des 13jährigen Bürgerkrieges geeinigt. Wie UNO-Vertreter in Kambodscha erklären, haben sie in den vergangenen Monaten ihren Einflußbereich weiter ausgedehnt.
Ihre Weigerung, sich an der Vorbereitung der Wahlen zu beteiligen und ihre Soldaten zu entwaffnen, begründen ihre Vertreter im „Obersten Nationalrat“, in dem Repräsentanten aller vier Gruppierungen vertreten sind, mit der fortdauernden Anwesenheit vietnamesischer Truppen auf kambodschanischem Gebiet. Ende 1978 war die Armee des Nachbarlandes nach Kambodscha einmarschiert, hatte dem Terrorregime der Roten Khmer, unter deren dreijähriger Herrschaft Schätzungen zufolge eine Million Menschen umgekommen sind, ein Ende bereitet und die Regierung unter Premier Hun Sen eingesetzt. Im Jahr 1989 zog Vietnam seine Truppen zurück – was von den Roten Khmer allerdings bis heute bestritten wird.
Nicht die Roten Khmer seien es, die das Friedensabkommen sabotierten, argumentieren ihr offizieller Chef Khieu Samphan und seine Vertreter in Phnom Penh, sondern die UNTAC selbst und die Regierung Hun Sen, die die Anwesenheit der Vietnamesen im Lande weiterhin deckten. Und sie seien auch keinesfalls gegen Wahlen: Zur Unterstreichung dieser Haltung erklärten die Roten Khmer am Montag überraschend, sie hätten eine eigene Partei gegründet, die „Nationale Einheit Kambodschas“. Dazu sagte der Chef der UNO-Übergangsverwaltung in Kambodscha, Yasushi Akashi, in einer ersten Stellungnahme, es sei bei der UNTAC noch kein Antrag eingegangen, die neue Partei zu registrieren. Bislang ließen sich neben den drei Vertragspartnern der Pariser Abkommen 18 Parteien für die Wahlen eintragen.
Daß sich durch das nun vom UN-Sicherheitsrat verabschiedete Embargo gegenüber den Roten Khmer irgend etwas an der verfahrenen Situation ändern wird, ist unwahrscheinlich. Betroffen von dem Handelsverbot ist vor allem Thailand. Regierungsvertreter in Bangkok haben sich in den vergangenen Wochen vehement gegen die Forderung nach Sanktionen gewehrt. Während sie zunächst vor allem auf die praktischen Schwierigkeiten der Kontrolle ihrer 800 Kilometer langen Grenze hinwiesen, argumentierten sie in diesen Tagen ganz offen mit den hohen Investitionen, die thailändische Geschäftsleute im Gebiet der Roten Khmer getätigt haben. Zumindest einen kleinen Erfolg konnten sie verbuchen: Der UN-Sicherheitsrat hat kein Embargo gegen den Handel mit kambodschanischen Edelsteinen verhängt. Wie ein Vertreter der thailändischen Edelstein-Schürfer an der kambodschanischen Grenze sagte, haben rund 30 thailändische Firmen, die Verträge mit den Roten Khmer geschlossen haben, Investitionen im Wert von etwa 120 Millionen US- Dollar getätigt. Etwa 45 Prozent der Erträge aus den Schürfrechten der größereren Firmen gehen an die Roten Khmer.
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