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Industrie und Politik sind gefordert-betr.: "Müll und Religion" von Ulli Kulke, taz vom 28.11.92

Betr.: „Müll und Religion“ von Ulli Kulke, taz vom 28.11.92

[...] So wichtig es ist, auch Hausmüll zu vermeiden, getrennt zu sammeln und zu verwerten: Der Hausmüll macht weniger als zehn Prozent des Gesamtmülls aus. Industrie und Politik sind also gefordert. Daß gutgemeinte Appelle hier nicht ausreichen, liegt auf der Hand. Worum es also geht, sind längst überfällige Stoffverbote (zum Beispiel von PVC), eine Offenlegung der Abfallmengen, die bei bestimmten Produktionen entstehen (wer weiß schon, wieviel Abfall bei der Herstellung eines Autos anfällt), und eine ökologisch sinnvolle Verwertung statt der inbesondere im Sondermüllbereich üblichen „Misch- und Panschwirtschaft“.

Der Zwang zu solchen Maßnahmen fehlt aber völlig, wenn es den ach so bequemen „Ausweg“ der Müllverbrennung gibt. Die Verbrennung wird mit der Vorstellung verbunden, der Müll sei danach weg und wir seien im wahrsten Sinne des Wortes „entsorgt“. Tatsächlich bleibt eine erhebliche Menge an teilweise hochgiftigen Filterstäuben, Schlacken usw. zurück, die auch deponiert bzw. auf fragwürdige Art und Weise verwertet werden. Aber das ist ja offensichtlich egal – Hauptsache, es kann weiter produziert werden wie bisher. Und das ist dann auch nötig, wenn sich die Investitionen für eine MVA halbwegs lohnen sollen.

[...] Besonders ärgerlich ist der Schluß des Artikels. Es ist schlicht nicht wahr, daß 54 Prozent der Grünen-WählerInnen für den Bau neuer Müllverbrennungsanlagen sind. Wahr ist vielmehr, daß in der Natur-Umfrage eine vollkommen unsinnige Frage gestellt wurde. Sie lautet: „Was sollen wir mit Müll anfangen, den wir nicht vermeiden oder verwerten: deponieren oder verbrennen?“ Es blieb also nur die Auswahl zwischen zwei schlechten Alternativen. Ökologisch sinnvoll ist beides nicht. Müll sollte vor der Deponierung auf jeden Fall behandelt werden. Die Alternative besteht dann zwischen Müllverbrennung, kalter Rotte und anderen Verfahren. Wäre nach diesen – wirklichen Alternativen – gefragt worden, wäre das Ergebnis mit Sicherheit deutlich gegen die Müllverbrennung ausgefallen. [...] Dr.Dorothe Hippe, wiss.

Mitarbeiterin der grünen

Landtagsfraktion NRW, Bonn

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