: Fließende Unendlichkeit
■ Mariella Mosler formt arabische Ornamente mit Sand im Künstlerhaus
formt arabische Ornamente mit Sand im Künstlerhaus
Zwei Tonnen Sand bedecken plan den Boden des Ausstellungsraumes. Akribisch geformte, feine Dämme der Quarzkristalle bilden darauf eindrucksvolle Ornamente. Es sind arabisch inspirierte Muster. Dort, wo das islamische Bilderverbot jahrhundertelang die Ausformung einer figürlichen Kunst hemmte, entflohen die Kunstschaffenden in einen unvergleichlichen Reichtum an Ornamentik und Arabesken, auf die sich Mariella Mosler mit ihrer Arbeit bezieht.
Um größere, kreisförmige, verschlungene Gebilde, die recht barock anmuten, gruppierte sie sechs kleinere, dreieckige Figuren. Zwischen diesen Elementen bestehen Freiräume, die den Betrachter zum Wandeln einladen sollen. Eine Rauminstallation, die augenscheinlich viel Geduld und Fingerspitzengefühl verlangt hat. „Ich habe“, so Mosler „tagelang von morgens bis abends Sand modelliert. Das hat Spaß gemacht, ich habe mich richtig in die Linien verlieren können.“ Die Hamburgerin, eine ehemalige Studentin der HfBK, hatte sich bereits in einer früheren Arbeit mit den arabischen Ornamenten beschäftigt. Damals stellte sie das morgenländische Dekor anhand farbiger Gummibärchen dar.
Fasziniert ist sie vom Bewegungsfluß der Linien, die, ganz im Gegensatz zur traditionellen Gestaltungsstruktur der abendländischen Malerei und Architektur, keinen Fixpunkt, keinen festen Rahmen besitzen. So wandert der Blick ohne Halt darüber, verliert sich in Einzelheiten, um dann wieder fließend zur ganzen Form zurückzukehren. Da durch diesen Prozeß die Objektgrenzen wegfallen, werden auch die Subjekt-Objekt-Beziehungen berührt.
Darüber hinaus reizte die Künstlerin auch das Thema Zeit. „Und
dafür ist der Sand genau das rich1
2tige Material, er verkörpert so et- was wie Unendlichkeit“, sagt die Installateurin. Allerdings ist auch diese Unendlichkeit vergänglich: Das tonnenschwere, sandige panta
rhei („Alles fließt“) ist noch bis
1zum 17. Dezember begehbar, dann wird es wieder zu einem gewöhnlichem, unbeachteten Haufen Sand. Dierk Jensen
Künstlerhaus, Weidenallee 10 b , bis 17.12. von 18-20 Uhr.
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