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Somaliahilfe nur mit Soldaten?

■ Anfang 1991 lehnte Regierung Hungerhilfe noch ab

Bonn (taz) – Am 5. März 1991, in Somalia herrschte bereits Hungersnot, schrieb der SPD-Abgeordnete Gernot Erler einen Brief an den damaligen Verteidigungsminister Gerhard Stoltenberg. Erler bat, Versorgungsflüge nach Berbera und Dschibuti zu veranlassen. Doch die Bundesregierung lehnte ab. Es werde zwar ein „dringendes Bundesinteresse“ für die Hungerhilfe gesehen, „nach Abwägung der gesamten Anforderungen“ könnten vom dafür zuständigen Außenministerium jedoch „keine Mittel zur Verfügung gestellt werden“.

Aus aktuellem Anlaß hat Erler diesen Briefwechsel jetzt aus seiner Schublade gezogen. Ihm dient er als Beleg, daß die Bundesregierung „mit zweierlei Maß mißt“, wenn es um Hungerhilfe geht. Zur Zeit sei sie „ganz heiß darauf“, mit Bundeswehrsoldaten den Hunger in Somalia zu bekämpfen. „Einfache Hilfe“, die kein „internationales Prestige“ verspreche, sei dagegen unattraktiv. Während Bonn 18 Milliarden für den Golfkrieg hingeblättert habe, sei die Hungerhilfe für Somalia am knappen Geld gescheitert.

Erler kann noch einen zweiten Briefwechsel vorweisen. Am 21. Dezember 1990 bat er Stoltenberg „sehr dringend“, mit Transportflugzeugen der Bundeswehr Lebensmittel nach Monrovia/Liberia zu transportieren. Aufgrund eines Bürgerkrieges drohte in Liberia Hungersnot.

Stoltenbergs Antwort: „Bedingt durch die hohe Beanspruchung der Lufttransportkräfte im Zusammenhang mit dem Golf-Krieg“ könne eine „konkrete Aussage“ derzeit „nicht getroffen werden“. Weil Deutschland im Krieg engagiert war, wurde aus der Hungerhilfe nichts. hmt

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