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Hucky Heck probt den Aufstand

■ Viertelbürgermeister will Beiratsrechte einklagen

Demnächst werden die Justitiare in den Bremer Senatsbehörden einiges zu tun bekommen: Gestern hat der Viertelortsamtsleiter Hucky Heck einen juristischen Ritt gegen den Senat angekündigt. Heck will das gerichtlich durchsetzen, wovon er glaubt, daß es den Beiräten lägst zusteht: „Der Senat enthält den Beiräten widerrechtlich vom Gesetzgeber zugewiesene und vom Staatsgerichtshof bestätigte Entscheidungsrechte vor“, heißt es in einer Erklärung, die Heck gestern auf einer Pressekonferenz verbreitete. Seine Konsequenz: Wenn eine Behörde an solchen Punkten gegen Beiratsbeschlüsse handelt, bei denen der Beirat Entscheidungskompetenzen habe, dann will Heck den Streit vor Gericht klären lassen.

Ausgangspunkt in Hecks Argumentation ist das Staatsgerichtshofurteil zum Beirätegesetz aus dem Jahr 1991. Damals hatte der Staatsgerichtshof das geplante Ausländerwahlrecht gekippt, und das mit der Begründung, daß die Beiräte über die Direktwahl Staatsgewalt ausübten. Und die ginge vom Volke aus, nach dem Bundesverfassungsgericht heißt das: vom deutschen Volke.

De jure haben die Beiräte also Entscheidungskompetenz, nach dem Gesetz zum Beispiel in verkehrslenkenden Maßnahmen im Stadtteil, nur de facto haben sie sie nicht. Heck: „Der Beirat beschließt etwas, und nachgeordnete Beamte werfen das in den Papierkorb.“ Der Frust in den Beiräten sei groß. Der Bürgerzorn lade sich oft auf ihnen ab, dabei hätten sie gar keine Kompetenz. Heck: „Wir haben bald Beiräte, die nur noch halb besetzt sind, weil die Leute aussteigen und die Listen erschöpft sind.“

Über 17 Monate hat es gedauert, bis eine Mammut-Arbeitsgruppe aus Vertretern des Wirtschafts-, Sozial-, Bau-, Innen- und des Justizressorts gemeinsam mit der Senatskanzlei ein Papier zu den Auswirkungen des Staatsgerichtshofurteils für die Macht in der Stadt vorgelegt hat. Der Senat hat es am vergangenen Dienstag auf den Januar vertagt. Da ist Heck der Kragen geplatzt: „Meine Friedenspflicht ist vorbei.“ Die Vorlage sieht vor, die Rechte der Beiräte letzlich ganz zu kippen. Für den Senat solle es für Konfliktfälle ein Rückholrecht geben. Konkret: Beschließt der Beirat, eine Einbahnstraße umzudrehen, und dem Senat paßt das nicht, dann kann der Senat die Entscheidung an sich ziehen — Essig mit Beirätedemokratie.

Dabei sind die Kompetenzen der Kleinparlamente ohnehin begrenzt, und die Streitfälle beschränken sich im wesentlichen auf Verkehrspolitik. Dort konstatiert die Arbeitsgruppe eine Blockade: Verkehrsressort und Beirat seien gezwungen, Einvernehmen zu erzielen. Gelingt das nicht, könne auch nichts passieren. Dagegen meint Heck, die letztliche Entscheidung liege schon jetzt beim Beirat.

„Da irrt sich der gute Mann“, findet Jürgen Lüthge, Staatsrat im Bauressort. Heck könne gegen gar nichts klagen, weil es eben eine Paralysesituation gebe. Die müsse aufgehoben werden, und dafür sei das Rückholrecht nötig. In Hecks vorgesetzter Behörde, dem Innenressort, war man sich da offensichtlich nicht so ganz sicher. Merve Pagenhardt, Sprecherin von Friedrich van Nispen: „Das wird in unserem Haus geprüft.“ J.G.

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