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Meinungsfrei?

■ Behinderte kritisieren Euthanasiedebatte

Scharfe Proteste richten sich in Bremen gegen zwei geplante Vorträge zur Euthanasiedebatte. Der Publizist Reinhard Merkel soll am 19.Januar auf Einladung der Philosophischen Gesellschaft in der Stadtwaage sprechen. Der Philosophieprofessor Rainer Hegselmann von der Bremer Uni soll am 27.Januar im KITO in Vegesack über die „Schwierigkeit der Euthanasiedebatte“ referieren. Das soll verhindert werden: Eiun Zusammenschluß von Behinderten, Verbänden und StudentInnen wollen nicht zulassen, daß „die Vortragenden das Leben Behinderter in Frage stellen“.

Die Euthanasiedebatte basiert auf den Theorien des Australiers Peter Singer. Er spricht Behinderten, unter dem Deckmantel ihre Leiden zu beenden, das Lebensrecht ab. Die Euthanasiedebatte ist eng mit der Entwicklung der Humangenetik verbunden. Die Embryonenforscher stehen vor dem Problem, daß ihnen nicht genügend Material zur Verfügung steht. Sowohl Peter Singer als auch Rainer Hegselmann leiten Institute für Humangenetik.

Horst Frehe von Selbstbestimmt Leben“: „Die Herren Singer, Hegselmann und Merkel sind geistige Schreibtischtäter. Herr Hegselmann übt auf die Ausbildung der Studenten einen Einfluß aus, der weit über die Lehrfreiheit hinausgeht.“ Anne Stein vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband Bremen sieht einen direkten Zusammenhang mit der steigenden Zahl der Übergriffe auf Behinderte. Professor Hegselmann habe „vorher die Argumentation für die Übergriffe geliefert, die jetzt stattfinden. Die Veranstalter handeln deshalb unverantwortlich“. Profesor Hegselmann verweist statt Stellungnahme auf seine Bücher. Für die Betreiber des KITO ist Professor Hegselmann das Opfer einer Rufmordkampagne. Parallelen zu Singer seien in seinen Aussagen nicht gegeben und eine Absage der Veranstaltung stehe nicht zur Debatte. Die Behinderten können allerdings nicht mitdiskutieren: das KITO ist für Rollstuhlfahrer nicht zugänglich. mw

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