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„Spitze eines Eisberges“

■ Kohl besucht Indonesien, bringt Zusagen über Kriegsschiffe

Jakarta/Lissabon (dpa/taz) – Nach seinem Aufenthalt im südostasiatischen Kleinstaat Singapur wird Bundeskanzler Helmut Kohl am heutigen Mittwoch in Indonesien eintreffen. Dies ist die dritte Station seiner Asienreise, die ihn noch nach Japan und Südkorea führen wird. Im Vorfeld des Besuches hatte die portugiesische Regierung – deren ehemalige Kolonie Ost-Timor von Indonesien 1975 annektiert worden ist – scharf dagegen protestiert, daß die Bundesrepublik 39 Kriegsschiffe und drei U-Boote aus ehemaligen NVA- Beständen an Indonesien liefern will.

Die Lissaboner Público bezeichnete die Lieferung von Kriegsschiffen als „Spitze eines großen Eisbergs“. So sei die indonesische Armee mit Lastkraftwagen von Daimler-Benz ausgerüstet, die auch beim Transport von Soldaten in Ost-Timor eingesetzt würden. Ferner habe die deutsche Firma MBB zusammen mit dem indonesischen Unternehmen IPTN einen Hubschrauber entwickelt, der im Kampf gegen die Unabhängigkeitsbewegung Fretilin in Ost-Timor eingesetzt worden sei. Nach Informationen der Hamburger Woche werden indonesische Offiziere an der Führungsakademie der Bundeswehr ausgebildet. Für den Zeitraum von 1991 bis 1993 seien 2,2 Millionen Mark Polizeihilfe zugesagt. Und der Kommandeur der Antiterrortruppe Kopassandha, die im Ost-Timor operiert, habe eine Ausbildung der GSG-9 erhalten.

„Unter vier Augen“, hieß es in Bonn, wird Helmut Kohl seinen indonesischen Gastgeber darauf ansprechen, daß es besser wäre, die Menschenrechte zu beachten. Allerdings ist kaum zu erwarten, daß Präsident Suharto – der mit Hilfe der Militärs und seines korrupten Familienclans Indonesien seit 25 Jahren regiert – diesem Wunsch anders begegnet als stets, wenn dieses Thema zur Sprache kommt: mit dem Hinweis darauf, daß Menschenrechte in Asien vor allem wirtschaftliche Entwicklung bedeuteten.

Und da kann er auf den ersten Blick auf erfreuliche Daten verweisen: Mit Wachstumsraten von durchschnittlich sieben Prozent, sprudelnden Ölquellen und hohen Investitionsraten hat sich das bettelarme Land binnen zehn Jahren in die Reihe der wichtigsten Märkte der Region aufgeschwungen. Allerdings ist der Aufschwung unter der über 185 Millionen zählenden Bevölkerung sehr ungleichmäßig verteilt. Rund 80 Prozent der Investitionen fließen nach Jakarta zurück, und nach offiziellen Angaben leben etwa 30 Millionen Menschen unterhalb der Armutsgrenze. Der 71jährige Suharto hat sich mit einem Scheinparlament und einem Konsultativrat ein maßgeschneidertes Regierungssystem geschaffen. Oppositionelle Kräfte werden mit Hilfe eines „Anti-Subversionsgesetzes“ bekämpft. Wenn der Konsultativrat, dessen Politiker überwiegend vom Präsidenten handverlesen sind, im März zur Wahl des Staatschefs zusammentritt, steht das Ergebnis schon vorher fest: Suharto. Th.P./li

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