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■ KommentarHintermänner schnappen

KOMMENTAR

Hintermänner schnappen

Das Itzehoer Landgericht hat im Polit-Verfahren gegen Knud Andresen und Ralf Gauger das Urteil gefällt. Ein Freispruch, der nach den letzten Äußerungen des Gerichts zu erwarten war. Überraschend jedoch, mit welcher Schärfe das eher konservative Landgericht in der Urteilsbegründung mit der Politpolizei und der Staatsschutzjustiz ins Gericht geht.

So mit der Staatsanwältin, die ihr „Einmaleins“ nicht versteht, unkritisch jegliche Polizeihirngespinste nachplappert, ohne vielleicht mal nach einem Motiv zu forschen. Oder mit den Fahndern und der von Feindbildern geprägten geheimen Politpolizei, die mit „Verdachtsdunstglocken“ ,„manipulierten Akten“ und „Chorgesängen“ als Zeugenaussagen operierten. Das Gericht hat zu Recht erkannt, daß das Verfahren ein Prozeß voller Merkwürdigkeiten und Widersprüche war.

In einem Punkt sind die Richter aber inkonsequent. Es darf nicht einfach zur Tagesordnung übergegangen werden, indem die Rot-Floristen ein paar Mark Entschädigung erhalten. Selbst wenn der gesamte „Plattlegerprozeß“ „nur“ auf einem fahrlässigen Staatsschutzkonstrukt beruht — also beide nicht vorsätzlich zu Unrecht beschuldigt wurden — müssen die Verantworlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

Ein Freispruch ist allenfalls eine Rehabilitierung, aber keine Entschädigung für Haft und Strapazen des Verfahrens und schon gar nicht eine Aufarbeitung dieses Staatsschutzskandals. Wenn schon Innensenator Werner Hackmann nicht bereit ist, im maroden und skandalumwitterten Staatsschutz aufzuräumen, müßte sich eigentlich Hamburgs Oberstaatsanwalt Arno Weinert zu Wort melden. Er kann vielleicht verhindern, daß nicht die gleichen „Hintermänner“ schon bald wieder Unschuldige vor den Kadi ziehen. Kai von Appen

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