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"Ich habe im Verborgenen geblüht"

■ Stargast Charlotte von Mahlsdorf schaute sich in Hamburg um

schaute sich in Hamburg um

Ihre Autobiographie „Ich bin meine eigene Frau“ und der gleichnamige Film von Rosa von Praunheim machten Charlotte von Mahlsdorf 1992 zum berühmtesten Transvestiten in Deutschland. Für ihre Leistungen in Sachen „Kulturbewahrung“ wurde ihr im vergangenen Jahr das Bundesverdienstkreuz verliehen. Lothar Berfelde – so ihr bürgerlicher Name – war am Montag Stargast einer „Talk-Party“ im Schmidt-Theater.

Wird dir der Rummel um deine Person manchmal schon zuviel?

Ich habe gerne im Verborgenen geblüht. Aber ich bin ja verpflichtet, den Menschen Auskunft zu geben. Mein Film und mein Buch sollen zeigen, daß man auch bei widrigsten Umständen nie aufgeben soll. Meine Lese-Reisen machen mir Freude. Ich war 27 Jahre hinter der Mauer eingesperrt und genieße das jetzt richtig.

Du bist Transvestit, bekennender Masochist, hast in einer Notlage deinen Vater erschlagen, wirst aber dennoch nicht ausgegrenzt...

Daß die Menschen mir gegenüber so freundlich gesinnt sind, liegt vielleicht auch an meinem Wesen und daran, daß ich gegenüber jedem tolerant bin. Es spielt für mich keine Rolle, ob Menschen heterosexuell, homosexuell, bisexuell oder gar nicht sexuell sind.

Wie steht es um dein Gründerzeitmuseum in Berlin-Mahlsdorf?

Meine beiden Mitarbeiterinnen und ich arbeiten stramm. Wir wollen das private Museum gemeinnützig weiterführen. Aber wir haben viele Ausgaben. Spenden, meine 658 Mark Rente und die Honorare der Medien reichen nicht, um die Handwerkerkosten zu bezahlen. Doch es bahnt sich jetzt an, daß wir von der Denkmalspflege in Berlin unterstützt werden.

Du bist also durch deine Berühmtheit nicht reich geworden?

Der Film hat noch nicht seine Gelder eingespielt. Aber das Buch ist in der vierten Auflage. Wir schwimmen nicht mehr wie eine bleierne Ente überm Grund, sondern auf den Wellen. Aber wir müssen immer aufpassen, mit dem Schnabel über Wasser zu bleiben.

Denkst du mit beinahe 65 Jahren daran, dich zur Ruhe zu setzen?

Wie meine Großtante schon sagte: „Nur in der Bewegung liegt die Ruhe.“ Ich glaube, wenn man

1sich hinsetzt und gar nichts mehr tut, kann man sich gleich aufs Abstellgleis schieben und auf die Verschrottung warten.

Hast du schon Zeit gehabt, dir Hamburg anzusehen?

Wenn ich die Gründerzeitvillen, die alten Fassaden hier auf der Reeperbahn oder das Rathaus sehe, bin

1ich hell begeistert. Ich schaue immer zuerst nach der Architektur. Aber natürlich bleibe ich wie jede Frau auch vor den Damenkonfektionsgeschäften stehen und schaue mir alle Röcke, Kleider, Blusen oder Unterwäsche an.

Die Fragen stellte Werner Hinzpeter

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