■ Mittwochsblick: Duftnoten im Pflaster
MITTWOCHSBLICK (6)
Duftnoten im Pflaster
hier bitte das Straßenpflaster
Alle kennen solche Stellen in der Stadt: Man kann jahrelang dran vorbeigehen und immer wieder denken: Was ist das bloß? Eine Hauswand, ein Schild, ein Laden. Der flüchtige Blick ist schnell vergessen — bis zum nächsten Mal.
Heute: eine Blume im Pflaster
Wie oft sind Sie schon daran vorbeigelaufen, ohne ihr einen Blick zu gönnen: der Blume, die am Dobbeneck im Pflaster eingelegt ist. 1989 steht daneben, und bei genauem Hinsehen auch K H. Eine Blume im Pflaster des Ostertorviertels? Nein, davon weiß Viertelbürgermeister Hucky Heck nichts, und noch weniger, was sie zu bedeuten hat. Erst das Amt für Straßen- und Brückenbau kann weiterhelfen: Ja, es gebe da einen Straßenbauer, der dort, wo er arbeite, „ganz witzige“ Spuren hinterlasse. Ein echter Handwerker eben.
„Meine Duftnote“ nennt Straßenbauer Karl Hartung die Muster, mit denen er hin und wieder das Pflaster markiert. Meist verwendet er dazu „alte Steine, die da so rumliegen“, wie den Sandstein für die Blume am Dobbeneck. Geplant wird da nichts und auch die Zeit, die er dafür braucht, „spielt keine Rolle“. Viele von diesen kleinen Kunstwerken bearbeitet er zu Hause. Mal ist es eine Blume, mal, in einer neuen Straße, ein Embryo und mal ein Bremer Schlüssel. An der Uni hat der gelernte Steinmetz, der seit 40 Jahren Straßen baut, eine kleine Eule aus Sandstein im Pflaster des „Pfads der Weisheit“ hinterlassen. Und mußte schmunzeln, als er später hörte, da mache sich doch der Einfluß der Kunstschule bemerkbar.
Zur Zeit baut Karl Hartung an der Autobahn A1, in deren Beton er keine Spuren legen kann. Doch im Bremer Pflaster hat er seine Zeichen gesetzt, „weil das gut aussieht“, weil es „Freude macht“ und weil er „was Kreatives machen“ will. Und hält es — augenzwinkernd — gar nicht mit Wilhelm Kaisen, der seinen BremerInnen empfahl, nicht so viel nach unten und mehr in die Sonne zu gucken.
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