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■ Press-SchlagOlympia-Fackel nach Terezin?

Olympischer Fackellauf zum ehemaligen KZ: Sollte es in Berlin im Jahre 2000 eine Wiederauflage der Olympischen Spiele geben, dann wird die LäuferIn, die das olympische Feuer von Athen in die Hauptstadt trägt, symbolisch auch an der Gedenkstätte des früheren KZ Theresienstadt (heute Terezín) in der tschechischen Republik haltmachen. Diesen Vorschlag hat Stefan Flatow (74), Sohn eines jüdischen Teilnehmers der Olympischen Spiele von 1896, gemacht. Sein Vater, der in Athen damals zwei Goldmedaillen errang, war später im Konzentrationslager Theresienstadt verhungert, nachdem die Nazis ihn im Rotterdamer Exil verhaftet und verschleppt hatten. Stefan Flatow wird nicht nur von der Berliner Olympia GmbH, die den Vorschlag verbreitete, unterstützt. Auch Andreas Nachama, der Generalsekretär der jüdischen Gemeinde Berlin und Ignatz Bubis, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, sind dafür, auf diese Weise der Opfer der Nazis zu gedenken. Nachama fände es „schlimmer, wenn ein Fackellauf einen Bogen um historische Orte machen würde, die daran erinnern, was zwischen 1933 und 1945 hier passiert ist“.

Gegen die politische Inszenierung wäre tatsächlich nichts einzuwenden, abgesehen vielleicht von der mehrdeutigen Feuersymbolik, die schon in Zusammenhang mit den Lichterketten diskutiert wurde. Doch hinzu kommen zwei weitere Aspekte.

Erstens: Die Olympia GmbH und der Berliner Senat haben bislang die Diskussion um die Propaganda- Spiele von 1936 eher behindert als gefördert. Gleichzeitig insistieren sie auf der Entscheidung, ihre „Jahrtausendspiele“ auf dem Gelände der Nazi-Olympiade zu veranstalten.

Zweitens: Der olympische Fackellauf ist von den Nazis erfunden worden. Die olympische Flamme gab es zwar schon länger, doch erstmals 1936 wurde ein Staffellauf mit dem Feuer von Athen nach Berlin organisiert. Er gehört seitdem zum olympischen Ritual. Als damals die Fackelläufer die Tschechei durchquerten, kam es in den deutsch besiedelten Gebieten an einigen Haltepunkten zu nationalistischen Demonstrationen. Erdacht hatte den Fackellauf Carl Diem, der oberste Organisator von Olympia 1936. Diem war auch für das Eröffnungszeremoniell verantwortlich, das den soldatischen Opfertod mit einem „Waffentanz“, einem Lichtdom mit Flakscheinwerfern und sakralem Geläut verherrlichte.

Ob im Jahre 2000 gerade ein Ritual wie der Fackellauf an die Opfer des Dritten Reiches erinnern muß, das sollte diskutiert werden. Eine Aufgabe für den Kulturbeauftragten für Olympia 2000, Hilmar Hoffmann. Der wartete bislang bloß mit kruden Ideen zur Aufarbeitung der Vergangenheit auf: Statuen von Arno Breker symbolisch mit Cellophan einzuwickeln ist eine davon. kotte

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