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Die Rattenfänger auf der Tourismus-Börse

■ Auf dem Prüfstand vor Fachpublikum: das Umweltengagement der TUI

Die TUI hat's: das Umweltprogramm. Der Tourismuskonzern ist auf der Höhe der Zeit und will schlicht sein Produkt sichern. Doch alle springen auf und jubeln dem Umweltgladiator unter den sanften Tigern in der ITB-Arena zu. Zügig bewegt sich die TUI auf der grünen Überholspur zum umweltverträglichen Tourismus und präsentierte auf der Internationalen Tourismus-Börse nun Putzmittel-, Wasser- und Energiesparmaßnahmen, die neue Hotelküche, frisch, gesund und leicht, den Verzicht auf Thunfisch, Froschschenkel, Schildkrötensuppe und wertvolle Pilze; auch der gute alte Animateur kommt zu neuen Ehren und darf Erwachsene und Kinder mit dem Umweltgedanken vertraut machen; Schafe ersetzen weitgehend den Rasenmäher ... so einige Punkte der Sparprojekte in unterschiedlichen TUI-Hotels.

Das Interesse der umweltbewußten Öffentlichkeit ist der TUI durch diese kleinen Neuerungen sicher. Und darüber hinaus klopft sich die TUI selbst auf die Schulter: „Wir wären keine guten Geschäftsleute, wenn wir nicht auch Möglichkeiten finden könnten, wo wir bares Geld sparen“, angefangen von der Nutzung „öffentlicher Förderungen“ bis hin zur „Mehrfachnutzung von Textilien und Fehlkopien“. Aus zerschlissener Bettwäsche werden so neue Putzlumpen. Denn, praktizierter Umweltschutz wirkt sich auch kostensparend auf die Betriebsführung aus.

Kritisch begleitet vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), stellte die TUI letztes Jahr auf der ITB ihr bombastisches „U 7“-Strategieprogramm („Die glorreichen Sieben“) zur touristischen Umweltsanierung vor. In 15 Jahren, so das Ziel, wolle man die Urlaubsregionen ökologisch sauber haben. BUND-Vertreter Prof. Scharpf prüfte nun in diesem Jahr die ersten Erfolge in den Bereichen Abfallwirtschaft, Lärmschutz, Recycling u.v.a.m., denn bei der TUI wird genommen, was zur Zeit sanft-touristisch diskutiert wird. Leicht verdauliche Öko-Sanierungen, die im Trend der Zeit liegen, werden so zu einem spektakulären Programm des Veranstalters hochstilisiert. Die ökologische Modernisierung ist zur Produktdifferenzierung längst angesagt – TUI verkauft sie als Umweltrevolution.

Dr. Iwand, der Umweltbeauftragte der TUI, weiß, wo es langgeht: „Ein Unternehmen, das sich nicht für die Umwelt engagiert, wird im Wettbewerb nicht bestehen können. Dies gilt insbesondere für einen Reiseveranstalter, der auf eine intakte Umwelt angewiesen ist.“ Der Kunde, der zu Hause mit Öko-Katastrophen gefüttert wird, will wenigstens im Urlaub eine intakte und sorgenfreie Welt.

Umweltexperte Scharpf fragte die TUI-Experten, ob sie denn „Oasen“ bauen wollten, in denen die Touristen ihre Umweltprobleme zu Hause lassen könnten – dieses wurde ihm mit einem schlichten „Ja“ beschieden.

Womit wir endlich wissen, worum es geht: Die zartblauen Urlaubsparadiese, die uns die Tourismusindustrie beharrlich anpreist, werden nun auch ökologisch wahr! Nur sollte es der Urlauber fürderhin vermeiden, seinen Fuß vor die Tür seiner baubiologisch perfekten, abwasserentsorgten, mit Kräutergärten bestückten und pädagogisch wertvollen Urlaubsoase zu setzen. Die Realität draußen ist bitter! Christel Burghoff/Edith Kresta

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