: Bunte Farben, schmutzige Geschäfte
■ Staatsanwälte ermitteln gegen Hamburger Firma wegen verbotener Giftmülltransporte nach Polen und Nordböhmen
nach Polen und Nordböhmen
Der Giftmüllexportskandal um das Hamburger Transportunternehmen „MlY-JU“ weitet sich aus. Wie gestern berichtet, steht die Harburger Fima im Verdacht, 20 Tonnen Giftmüll aus der Dresdner Farbenfabrik Perwag illegal nach Nordböhmen eingeschleust zu haben, um sie dort zu „entsorgen“. Inzwischen ist klar: Der 20-Tonnen- Fund in der böhmischen Stadt Osek ist nur die Spitze eines Eisbergs.
Die Staatsanwaltschaft Dresden geht davon aus, daß das Hamburger Im- und Exportunternehmen zum Teil erfolgreich versucht hat, mindestens weitere 190 Tonnen lösungsmittelhaltige Farbreste nach Polen und nach Nordböhmen einzuschmuggeln. Sie ermittelt gegen den Firmen-Inhaber Horst Jurisch wegen des Verdachts der „umweltgefährdenden Abfallbeseitigung und der schweren Umweltgefährdung“ in Tateinheit mit „unerlaubtem Betreiben einer Abfallanlage“.
Ein Zufallsfund brachte die Fahnder auf die Spur: Mitte Februar stellte die Dresdner Polizei in der Elbstadt einen LKW sicher, der tagelang scheinbar verwaist am Straßenrand gestanden hatte. Der brisante Inhalt des auf „MLY-JU“ zugelassenen Fahrzeugs: Rund 20 Tonnen lösungsmittelhaltige Farbreste. Nach Durchsicht der Frachtpapiere wissen die Beamten: Die Hamburger Transportfirma hatte offenbar versucht, die giftige Fracht in die tschechische Stadt Teplice zu verbringen, war ihren Müll aber nicht losgeworden.
Einige Tage später beschlagnahmen die Ordnungshüter in einer Scheune in der Nähe von Bautzen weitere Fässer mit 100 Tonnen vergleichbaren Inhalts. Wieder weisen die Spuren nach Hamburg. Doch damit nicht genug. Inzwischen wissen die Ermittler, daß „MLY-JU“ giftige Farbreste auch nach Polen geschafft hat. So stellten die polnischen Behörden vor wenigen Tagen noch einmal 66 Tonnen des gefährlichen Mülls in Stettin sicher, die MLY-JU vor einem Jahr nach Polen eingeführt hatte. Dies bestätigte Jerzy Cmikiewicz vom Bezirksinspektorat für Umweltfragen in Stettin am Dienstag der dpa.
Zur Zeit prüft die Staatsanwaltschaft in Dresden, ob es für den Farbenexport nach Stettin eine Einfuhrgenehmigung gegeben hat. Zwar seien die „Ermittlungen noch nicht abgeschlossen“, betont der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft, Franz Kleiber, „doch nach derzeitigem Sachstand spricht wenig dafür, daß es eine Einfuhrgenehmigung gab“.
Abgewickelt wurden die Müll-
1Transporte nach Angaben der Staatsanwaltschaft „über eine Briefkastenfirma in Dresden, die in enger Verbindung zu MLY-JU“ steht. Bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft hier umfangreiches Aktenmaterial. Die Ermittler sind sich inzwischen
1sicher, daß das Hamburger Transportunternehmen nicht nur den Müll der Dresdner Farbenfirma Perwag „entsorgte“, sondern auch „Farbreste anderer Firmen“ ins Ausland exportiert hat.
MLY-JU-Geschäftsführer Jurisch selbst hat bislang zu den Vorwürfen
1keine Stellung genommen. In seiner Firma, in der zur Zeit nur die Telefonzentrale besetzt ist, heißt es: Herr Jurisch befindet sich nicht in Hamburg. Ziel und Dauer seines Aufenthalts sind in dem Handelsunternehmen angeblich unbekannt. Marco Carini
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen