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Waffen helfen Bosnien nicht

■ Betr.: „Schreckliche Pazifisten“ (taz 11.3.)

Da hat unser Redakteur Jochen Grabler voll zugeschlagen: „Wenn die Pazifisten sich in den USA durchgesetzt hätten, damals, ja dann wäre das Problem mit den KZs auf ganz andere Art gelöst worden....“ Historisch richtig ist, daß auch die USA vielen Juden als Flüchtlinge nicht aufgenommen haben, es wurde sogar ein Flüchtlingsschiff nach NAZI-Deutschland zurück geleitet. Nicht die Rettung der KZ-Häftlinge war Ursache des Kriegseintritts der USA, sondern der Angriff der Japaner (Pearl Habor) und die Kriegserklärung Hitler-Deutschland. Die makabere Frage, ob Hitler die Befreiung der KZ-Häftlinge deshalb eingeleitet hat, sollten wir uns ersparen. Wenn reguläre serbische, kroatische und bosnische Militärverbände sich gegenseitig bekämpfen und dabei die Zivilbevölkerung dabei schrecklich zurichten, kann unsere Antwort nicht sein, noch mehr Krieger dort hin zu beordern. Menschen, welche geschützt werden sollten, würden hierbei weitere Opfer werden. Vor zwei Wochen haben wir in der Bremer Scharnhorst-Kaserne zugehört, wie ein belgischer Offizier über seinen UNO- Einsatz in Kroatien berichtet. Er hielt ein Plädoyer für Gewaltfreiheit und hat auf die Kriegsführenden entsprechend eingewirkt. Seine nicht kämpfenden, sondern nur beobachtende Soldaten haben dort das Schlimmeres verhindert. Eine internationale Polizeitruppe, ja das können auch UNO-Soldaten sein, können sehr hilfreich, friedenstiftend wirken, wie uns berichtet wurde. Aber natürlich müssen serbische, kroatische und bosnische Deserteure und andere fliehende Menschen von dort bei uns aufgenommen werden. Von zusätzliche Militäraktionen - Krieg - sollten wir um des Fiedens willen absehen. Die Bombadierung von Belgrad z.B. wäre verbrecherisch auch gegenüber die pazifistische Demonstranten dort. Wir können froh sein, daß die politische und militärische Führung in Deutschland in dieser Frage mehr Besonnenheit zeigt als einige hektische Mitbürger. Gerrit Guit, Bremen

Betr.: „Schreckliche Pazifisten“, taz 11.3.

Ich bin einer von diesen „schrecklichen Pazifisten“, die den ersten toten deutschen Auslandskrieger symbolisch beerdigt haben. Zweifellos ist es grausam, was uns an Meldungen aus Ex-Jugoslawien erreicht. Wenn jetzt sogar manche sonst pazifistisch eingestellte Leute nach einem Militäreinsatz auch unter Bundeswehrbeteiligung rufen, frage ich mich, warum sie das jetzt beim Balkankrieg tun. Wieso taten sie das nicht schon bei anderen Kriegen auf diesem Globus, in denen es eben so grausam zugeht und wo ebenfalls Frauen vergewaltigt werden? Warum macht sie der Balkankrieg soviel betroffener als all die anderen Kriege? Wird da mit zweierlei Maß gemessen, weil uns der Balkan näher ist und die Medien soviel darüber berichten? Oder wollen sie bloß Ruhe vor der eigenen Haustür haben? Haben sie vergessen, daß Gewalt keine Probleme löst? Wissen sie nicht, daß es einen dauerhaften Frieden in Ex-Jugoslawien erst geben wird, wenn der Haß aus den Köpfen der Bevölkerung verschwunden ist, was aber militärisch nicht zu machen ist? Wer Militäreinsätze befürwortet, möge bitte ehrlich überlegen, ob er/sie selbst bereit wäre, mit der Waffe zu kämpfen. Ist er/sie es nicht, sollte er/sie auch nicht von anderen verlangen, daß sie ihre Köpfe hinhalten. Ich verlange das nicht von mir, also auch nicht von anderen und kann bezüglich des Balkankriegs nur vorschlagen, statt eines Kanmpfeinsatzes humanitäre Hilfe zu leisten, das Embargo strikt einzuhalten, die dortige Friedensbewegung (von deren Existenz man hier viel zu wenig weiß) zu unterstützen sowie Kriegsflüchtlinge aufzunehmen.

Für einen Bundeswehreinsatz auf dem Balkan ist eine Grundgesetzänderung nötig. Damit ebnete man den Weg für die Pläne des Verteidigungsministeriums, wonach die Bundeswehr den freien Welthandel und den Zugang zu strategischen Rohstoffen sichern helfen soll. Mit anderen Worten heißt das, daß unser Wohlstand eines Tages auch mit Gewalt auf Kosten anderer Länder gesichert werden wird. Vor diesem Hintergrund ist es mit äußerster Vorsicht zu sehen, wenn die Bundesregierung das Grundgesetz ändern möchte. Vielleicht kommt ihr der Balkankrieg nicht ungelegen. Ich jedenfalls lehne allein schon deshalb schon eine Erweiterung des Einsatzbereiches der Bundeswehr ab. Mit freundlichen Grüßen Joachim Fischer

Betr.: „Schreckliche Pazifisten“ (taz 11.3.)

Der Kommentar von Jochen Grabler mißbraucht die taz, um der Fraktion der Grünen „Schützen“-Hilfe zu leisten, die in Bosnien deutsche Eingreiftruppen schießen lassen will. Er fordert Kampftruppen zur „sofortigen Erkämpfung des Zugangs zu allen Konzentrationslagern“. Er wird in seinem Haß auf Pazifisten zum Lobbyisten der Rüstungsexporteure, indem er die „sofortige Aufhebung des Waffenembargos gegen Bosnien fordert“ (Hermann Kuhn, Helga Trüpel, Dieter Mützelburg, Eva Quistorp, Jochen Grabler u.a. brachten auf der letzten Mitgliederversammlung der Bremer Grünen diese Anträge.) Nach unserer Meinung kann in Ex-Jugoslawien humanitäre Hilfe auch auf zivile Weise, durch Aufnahme von Flüchtlingen und Desserteuren und durch Unterstützung von jugoslawischen Friedenstruppen erfolgen. So stand es in unserem Infoblatt und dieser Sinn unserer Sargdemo wurde von den zuschauenden BremerInnen auch verstanden. Während Weser-Kurier und Bremer Anzeiger fair berichteten, schämen wir uns für die Bremer taz. Sie erstickt komplizierte Probleme in billiger, oberflächlicher, oft unverständlicher Polemik. Für die DFG-VK Gruppe Bremen Ottmar Leist

Betr.: „Schreckliche Pazifisten“ taz vom 11.3.

Die Bild„zeitung“ und Heiner Geißler lassen grüßen! Ich bin entsetzt über die Art und Weise, wie ihr über die symbolische Trauerprozession berichtet, und vor allem, wie ihr sie kommentiert habt. Kein einziges Wort habt ihr darüber verloren, daß die Demo bei ZuschauerInnen und PassantInnen starke Betroffenheit ausgelöst hat, und daß es erheblich mehr zustimmende als ablehnende Reaktionen gab. Eure Demagogie fällt auf euch selbst zurück, wenn ihr die Friedensbewegten diffamiert und die Kriegstreiber verschont. Nicht die PazifistInnen, die es auch in Ex-Jugoslawien gibt, blockieren die Wege zum Frieden. Es sind immer noch die schrecklichen Militärs, und vor allem die Rüstungskonzerne, Waffenexporteure und deren politische Handlungsgehilfen, die das Völkermorden weltweit weiterhin möglich machen. Wieland von Hodenberg

Betr.: „Schreckliche Pazifisten“ taz vom 11. 3. 1993

Endlich, endlich sind sie auch bis zum letzten großen meinungsbildenden Presseorgan der westlichen Hemisphäre, der taz-Bremen, durchgedrungen. Die immer verzweifelter werdenden Hilferufe vom Balkan nach starken deutschen Truppen in den großen schwarzen Stiefeln. Ja, endlich auch hier zu lesen (besser spät als nie): Der Pazifismus der 30er Jahre hat Auschwitz erst möglich gemacht; und im übrigen: Auschwitz ist überall. Die taz kennt keine innerdeutschen Probleme mehr. Weltinnenpolitik ist in. Fücks befiehlt, die taz-Bremen folgt. Mal ehrlich, Jochen: Machst Du es? Fährst Du runter auf den Balkan und hälst Deinen Kopf hin für die Geschundenen dieser Welt?? Bringst Du in Ordnung, was Waffenschieber und Politkriminelle verbrochen haben??? Ich bin gespannt auf Deinen ganz persönlichen Einsatz. Von Herzen: Hals- und Beinbruch. Mit freundlichen Grüßen Stephan Lessenich

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