: "Erinnerungskisten" in Ottensen
■ Ausstellung, die Geschichten aus dem Viertel zeigt, wird Dienstag eröffnet
, die Geschichten aus dem
Viertel zeigt, wird Dienstag eröffnet
Lang ist's her, daß es noch den guten alten „Konsum“ (die Betonung liegt auf der ersten Silbe) gab. Konsumgenossenschaften mit einem Laden an jeder Ecke existierten nämlich nach dem Krieg nicht nur in der Zone, sondern boten auch im Wirtschaftswunderland wohlfeile Ware. „Der Konsum versorgt uns gut“ trällert es im Werbefilm, wenn die moderne Frau sich das neue „Uni Ultra“ andrehen ließ: ein Waschmittel mit dem sie - obwohl berufstätig und noch ohne Waschmaschine - ihrem Göttergatten stets weiße Hemdskragen präsentieren konnte.
Muttis Wochenschau ist eine jener „Erinnerungskisten“, mit denen das Stadtteilarchiv Ottensen am Dienstag das Begleitprogramm zur Ausstellung „Die Sprache der Dinge“ eröffnet hat: ein Sammelsurium von Fundstücken und Gebrauchsgegenständen, die von der Geschichte des Viertels erzählen. Seit 1980 dokumentiert das Archiv, das sich auch „Sammelstelle für Geschichte und Geschichten“ nennt, Lebens- und Arbeitsbedingungen im Viertel. Dabei sind nicht nur Fotos, Dokumente, Plakate, Pläne und Bücher zusammengekommen, sondern auch eine Unzahl von Kisten, Schachteln, Dosen und Kartons. Erinnerungsstücke, Beziehungskisten, kurz: Erinnerungskisten.
„Sie bewahren die Erinnerungen, sind Archiv und Abfall gleichzeitig und zeugen vom Aufheben und Wegwerfen, als Nachlaß vom Leben und Sterben“, heißt es in einer Dokumentation des Stadtteilarchivs. Zwischen allen Kisten und Kästen verbirgt sich manches Rät-
1sel: Etwa das einer Holzplanke, auf der Bauarbeiter der Nachwelt eine Botschaft hinterließen - „im Jahre 1892, der traurigen Cholerazeit“. Und wer Vergangenheit fühlen will, muß auch hören: den Lärm einer Drahtumzugmaschine etwa, der Al-
1tonaer ArbeiterInnen Tag für Tag ausgesetzt waren.
„Erinnerungskisten - die Sprache der Dinge“, ist noch bis zum Oktober zu sehen im Stadtteilarchiv Ottensen, Zeißstraße 28, montags bis mittwochs von 9.30 bis 13 Uhr und
1von 14 bis 16.30, donnerstags bis 19 Uhr. Nächste Veranstaltung im Begleitprogramm: „Erzählcafe“ mit Mariechen Schwarten, geboren 1914 in Altona. Samstag, 3. April, 15 Uhr im Stadtteilarchiv Uli Mendgen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen