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Hamburg Stadt der Frauen?

■ Die Steb und ihre Planergruppe auf Ideensuche bei den BewohnerInnen von Mümmelmannsberg

auf Ideensuche

bei den BewohnerInnen von Mümmelmannsberg

Eine Kleinstadt ohne Kino, Schwimmbad, Wochenmarkt. Den 20000 BewohnerInnen von Mümmelmannsberg fehlt vieles. Das berichteten Frauen aus der, in den 70er Jahren gebauten, Großwohnsiedlung am Dienstag. Sie waren auf Einladung der Stadtentwicklungsbehörde (Steb) zusammengekommen, um über die Probleme ihres Wohnumfeldes zu reden. Die Steb will Frauen stärker in die Stadtteilplanung einbeziehen und fängt in Mümmelmannsberg an. Den Bewohnerinnen der Großsiedlung mangelt es an Treffpunkten und Freizeitmöglichkeiten. Zwischen den acht bis 13-stöckigen Wohngebäuden gibt es weder Vorgärten noch Innenhöfe, das „Abstandsgrün“ ist weder zum Spielen noch zum Klönen zu gebrauchen.

Die meisten Frauen trauen sich nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr allein auf die Straße. In den unbeleuchteten Tunnel, Torbögen, Durchgängen und Hofeingängen befällt sie die Angst: „Da sieht man die Hand vor Augen nicht. Ohne Tränengas gehe ich abends nicht vor die Tür.“ Vor allem das „Zentrum“ von Mümmelmannsberg ist den Frauen ein einziger Greuel. Das Einkaufszentrum beschreiben sie einhellig als „schmutzig, dreckig, verwahrlost, zugig, trist“. Der Betonkasten würde schon deshalb nicht zum Verweilen einladen, weil frau sich nirgendwo hinsetzen könne. Außerdem fehlen ihnen Fachgeschäfte und Reparaturdienste. „Wegen jedem Kleinkram muß man nach Billstedt oder Bergedorf fahren.“ Auch das wenig genutzte Parkhaus ist für Mümmelmannsbergerinnen ein unheimlicher Ort, und die Gesamtschule nebenan „häßlich und öde“. Die Architektur sei grauenhaft und es gäbe noch nicht mal einen Schulhof. „Die Schüler hängen in der Pause im Einkaufszentrum rum.“ Das ganze Zentrum der Siedlung sei unmöglich, lautet die knappe Zusammenfassung einer genervten Bewohnerin. „Das müßte ganz neu gebaut werden.“

Aber die Frauen entdecken durchaus auch einige Vorteile an ihrer Wohnlage. Sie fühlen sich wohl mit den Parkanlagen, Grünflächen und Naturschutzgebieten, die es in der Nähe der Siedlung, der Glinder Au, der Boberger Düne gibt. „Man muß nicht weit fahren und ist im Grünen“. Allerdings hat auch das seine Schattenseiten, denn „der Boberg ist total vollgekackt, da buddeln die Kinder immer Hundescheiße aus.“ Pluspunkte gibt es für die Elternschule und das Cafe „Frauenzimmer“, als einzige Treffpunkte in Mümmelmannsberg, wo die Frauen gerne hingehen.

Die Wunschliste der Frauen von Mümmelmannsberg ist lang: Ein Jugendzentrum „ins leerstehende Parkhaus zum Beispiel“, mehr Kindergartenplätze, ein Stadtteiltreff

1oder Bürgerhaus, Kaffeestuben und Restaurants, ein Kino, ein Wochenmarkt, Fachgeschäfte, eine Schwimmhalle, öffentliche Toiletten, mehr Verkehrsberuhigung. Vorerst besteht keine Aussicht auf Erfüllung ihrer Wünsche. Denn die Bewohnerinnen vom Mümmelmannsberg gaben unfreiwillig Hilfestellung bei der Entwicklung neuer Ideen für künftige städtebauliche Planungen. Denn das von der Steb beauftragte Planungsbüro Baumgart/Pahl-Weber soll Visionen von einem weiblich geprägten Hamburg der Zukunft — „Bausteine für eine Stadt der Frauen“ — bis zum August in einem Gutachten erarbeiten. Konkrete Vorschläge wollen die Planerinnen aber nicht machen, für Mümmelmannsberg sind also keine Verbesserungen in Sicht. Vera Stadie

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