: Drogenberatung auf dem Horrortrip
■ Junkieszene wird immer rauher: Klauen und verrecken lassen / Drobs-Cafe dicht / MitarbeiterInnen ratlos
Es geschah am Montag: Im Cafe der Drogenberatungsstelle Drobs in der Bauernstraße brach ein Junkie zusammen. Ein Notfall, die Cafe-MitarbeiterInnen riefen sofort den Notarzt. Doch der konnte den Patienten nicht versorgen: Er war umringt von Junkies aus der Sielwalleck- Szene, die ihn nach Geld und Drogen durchsuchten. Da war erstmal kein Durchkommen.
Der Fall hat bei den hartgesottenen MitarbeiterInnen der Drobs das Faß zum Überlaufen gebracht. Seit Montag ist die Anlaufstelle zu. Kein Cafe, kein Wäschewaschen, keine Briefausgabe, keine Ambulanz, keine Beratung. Gestern und heute wollten die MitarbeiterInnen der Drobs die Lage beraten: Wie kann man die Verrohung auf der Szene zurückdrängen?
Daß es zu einem Knall kommen würde, das sei schon seit Monaten absehbar gewesen, sagt Anton Bartling, Leiter der Drobs. Zwar sei es auch früher zu Gewaltausbrüchen gekommen, doch in der letzten Zeit sei die überbordende Gewalt zu einem Massenphänomen geworden, dem nicht mehr mit Hausverboten beizukommen sei. „Die Leute sind sehr viel schneller als früher bereit zuzuschlagen“, sagt Bartling. „Daß Mitarbeiter von uns angeschrieen und bespuckt werden, ist schon lange an der Tagesordnung. Die normale Umgangsform in der Szene wird zum Standard im Cafe.“ Das will bei der Drobs niemand mehr mitmachen, zumal die meisten MitarbeiterInnen ohnehin nur als Honorarkräfte eingestellt sind.
Immer mehr Gewalt wird schon seit Jahren auf der Szene beobachtet und von den Betroffenen erlitten. Seit etwa zwei Jahren, so Bartling, habe dieser Prozeß noch einmal an Geschwindigkeit zugenommen. Viele Altjunkies hätten zu diesem Zeitpunkt die Szene verlassen, viele Jüngere seien dazugestoßen, die keinerlei Bezug zum Stadtteil hatten. Wer sich auch nicht ansatzweise mit den Einrichtungen identifiziert, verhält gleichgültig. Dazu kam verstärkt Kokain auf den Markt, das gespritzt eine ganz andere Wirkung als Heroin entfaltet. Das stellt eher ruhig, Kokain putscht auf — und es macht aggressiv. Bartling: „Die Szene, das ist nur noch abzocken, hetzen und gehetzt werden.“
Jetzt wird überlegt, mit welchen Mitteln wieder ein halbwegs erträgliches Klima bei der Drobs geschaffen werden kann. Klar scheint dabei nur, daß die alten Methoden nicht mehr greifen. Unterdessen stehen die Junkies noch mehr auf der Straße, als sie es ohnehin schon tun, und die geplagten AnwohnerInnen verlieren jede Geduld: Beim runden Tisch zur Drogenpolitik am Mittwoch haben die VertreterInnen der Anwohnerinitiative nochmals massiv für die Schließung der Drobs plädiert. Keine Drobs — kein Anziehungspunkt für die Szene. Noch läuft die AnwohnerInnenklage auf Schließung wegen der fehlenden Genehmigung im Bebauungsplan. Doch die soll jetzt nachgeholt werden: Dem Antrag der Sozialbehörde, den Bebauungsplan zu ändern, hat das Bauamt jetzt stattgegeben. J.G.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen