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Mit dem Grünen Punkt in alle Welt

■ Deutscher Plastikmüll in Indonesien trotz Importverbots aufgetaucht/ DSD informierte nicht

Berlin (taz) – Müll mit dem Grünen Punkt wird in alle Welt verschifft, nur die zuständigen Behörden wissen von nichts. Greenpeace hat bei Recherchen in Indonesien mehrere tausend Tonnen Müll mit Millionen von Grünen Punkten gefunden, obwohl die indonesische Regierung im November 1992 ein Importverbot für Plastikabfälle erlassen hat. Auch nach dem Importverbot seien noch insgesamt 116 Container mit 2.320 Tonnen Plastikmüll in Indonesien beschlagnahmt worden, darunter auch deutsche Lieferungen.

Das jetzt bekanntgewordene Verbot trifft das Duale System Deutschland (DSD) an einer empfindlichen Stelle. Noch Wochen nach dem Importverbot der indonesischen Regierung ging das DSD im vergangenen Herbst bei Landesregierungen mit der Nachricht hausieren, daß Plastikmüll auch in Indonesien ordentlich verarbeitet werden könne.

Rund 48.000 Tonnen Plastikmüll sollten pro Jahr nach Südasien gebracht werden, weiß Greenpeace. Im August 1992 hatte das DSD etwa 20 Tonnen Planen und 74 Tonnen anderen Plastikmüll extra nach Indonesien gebracht, angeblich um die Eignung einer Recycling-Anlage nachzuweisen. Unter anderem deshalb erteilten die Landesregierungen im Dezember letzten Jahres dem Dualen System die Zulassung. Das DSD hatte angeblich glaubhaft gemacht, daß es mit den (Plastik-)Müllbergen fertig wird. Der Nachweis, den gesammelten Plastikmüll schadlos verarbeiten zu können, war einer der strittigen Punkte vor der Freistellung gewesen.

Das DSD bestätigte der taz gestern, daß die Landesregierungen nicht über das Importverbot in Indonesien informiert worden seien. „Das ist überhaupt nicht die Frage gewesen“, so DSD-Sprecher Gunnar Sohn. Man habe den Landesregierungen vor der Freistellung eine Liste mit Entsorgungsbetrieben gegeben. Neu überprüfte Betriebe würden nachgemeldet, so Sohn. Betriebe, die nicht zur Verfügung stehen, werden aber nicht abgemeldet, ist hinzuzufügen. Bislang exportiert das DSD Plastikmüll ausschließlich nach Österreich, Israel und Bulgarien, so Sohn.

Das Kuratorium des DSD, in dem der Umweltwissenschaftler Ernst Ulrich von Weizsäcker und Organisationen wie die Verbraucherinitiative über das Geschäftsgebaren des DSD wachen sollen, ist über die Indonesien-Probleme nicht informiert worden. „Über das Importverbot ist uns nichts mitgeteilt worden“, so Maria Rieping von der Verbraucherinitiative. Das habe man von der indonesischen Botschaft erfahren. Auch die Landesregierungen sind nicht etwa vom DSD informiert worden. Das Auswärtige Amt hatte das Umweltministerium in Wiesbaden informiert. Das niedersächsische Umweltministerium fühlte sich gestern in seiner Skepsis gegenüber der Plastikverwertung beim Dualen System noch einmal bestätigt. „Wir haben vom DSD immer die Zustimmung der Behörden des importierenden Landes verlangt“, so Ministeriumssprecherin Barbara Mussack.

Indonesien hatte das Importverbot im vergangenen November nach einer wahren Plastikschwemme verhängt. Allein im vergangenen Jahr seien weit über 100.000 Tonnen aus den Industriestaaten eingeführt worden, berichtet Greenpeace. Große Teile des nach Indonesien ausgeführten Verpackungsmülls sind nach Angaben des Greenpeace-Experten Andreas Bernstorff gar nicht wiederverwertbar, weil es sich um sogenannte Verbundverpackungen aus Aluminiumfolie und Polyethylen handele. „Was hier geschieht, ist heimlicher Müllexport“, erklärte Bernstorff. Greenpeace forderte, daß die deutschen Firmen ihre Abfälle sofort zurückholen sollen. Unter den Lieferanten sind auch die Becker Umweltdienste aus Mehlingen bei Worms, eine der größten Vertragsfirmen des DSD. ten

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