: Unions-Spitze stoppt heiße Krieger
■ Bohl gegen Einsatz deutscher Kampfflugzeuge auf dem Balkan / Kinkel verweist auf Karlsruher Beschluß
Bonn (dpa/AFP/taz) – Kanzleramtschef Friedrich Bohl (CDU) hat mit aller Entschiedenheit weitere Kampfeinsätze der Bundeswehr über die vom Bundesverfassungsgericht hinaus zugelassene Beteiligung an den Awacs-Flügen abgelehnt. Bohl bezog sich auf Äußerungen der Bundestagsabgeordneten Josef Hollerith (CSU) und Dietrich Austermann (CDU), denen die deutsche Beteiligung an den Awacs-Verbänden nicht weit genug geht. Sie hatten sich in einem Interview auch für den Einsatz deutscher Kampfflugzeuge im ehemaligen Jugoslawien ausgesprochen.
Bohl berief sich mit seinen Bemerkungen auf Stellungnahmen von Bundeskanzler Helmut Kohl und Verteidigungsminister Volker Rühe, die ausdrücklich betont hatten, daß Kampfeinsätze der Luftwaffe oder des Heeres im ehemaligen Jugoslawien schon aus geschichtlichen Gründen nicht in Frage kämen.
Auch Außenminister Kinkel (FDP) hat davor gewarnt, angesichts der Beteiligung deutscher Soldaten an der Durchsetzung des UN-Flugverbotes über Bosnien jetzt weitergehende Militäreinsätze im ehemaligen Jugoslawien zu fordern. Die Deutschen seien „nur sehr begrenzt in der Lage“, selber mit Truppen zu helfen, sagte Kinkel gestern. Deshalb müßten sie bei dem „sehr schwierigen“ Abwägungsprozeß „sehr zurückhaltend“ sein. Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) unterstrich, aus der Awacs- Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVG) ließen sich keine weiteren Bundeswehreinsätze herleiten. Es könne keine Automatik für weitere Kampfeinsätze geben. Die beiden FDP-Politiker appellierten erneut an die SPD, einer Grundgesetzänderung für Blauhelm-Missionen und Kampfeinsätze der Bundeswehr zuzustimmen. Künftig müsse auch das Parlament „in Entscheidungen dieser schwerwiegenden Art“ eingeschaltet werden, so Kinkel. Leutheusser-Schnarrenberger forderte einen „gesellschaftlichen Konsens“. „Wir müssen gemeinsam mit der Union und der SPD, die ja bisher überhaupt nicht von ihrer Verweigerungshaltung weggekommen ist, zu einer politischen Einigung kommen.“
Der ehemalige stellvertretende Nato-Oberbefehlshaber Gerd Schmückle warf Kinkel unterdessen „Rambo-Sprüche“ vor, weil der Minister gefordert hatte, den Druck auf Serbien zu verstärken. Dem Kölner Express sagte Schmückle, wahrscheinlich schicke Belgrad gar keine Flugzeuge mehr nach Bosnien. Der Einsatz sei in erster Linie „ein politisches Signal, weniger eine Militäraktion“. Die Serben hätten den Krieg eigentlich schon gewonnen. Eine Einmischung in die Kämpfe sei wenig erfolgversprechend. Kinkel wies die Kritik zurück. Die Durchsetzung des UN-Flugverbotes durch die Nato helfe auch der Zivilbevölkerung in Bosnien. Zurückhaltend äußerte sich der Außenminister zur Forderung nach dem Einsatz von Bodentruppen zur Beendigung der Kämpfe. Diejenigen, die technisch und rechtlich dazu in der Lage seien, wollten solche Einsätze bisher nicht. „Ich verstehe das, weil die Militärs massiv davor warnen.“
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