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Kulturzentrum auf der Kommerzwelle

■ Der Szenesender „Radio Feierwerk“ geht morgen in München auf Sendung

Fast sah's aus wie Sabotage. Vier nagelneue DAT-Recorder und eine Bandmaschine sind Münchens neuem Szene-Radio „Feierwerk“ beim Üben „abgeraucht“, sobald die Geräte berührt wurden. Rätselraten, Tage vor der Premierensendung. „Der Teppichboden war's. Der hat die Leute elektrostatisch aufgeladen und, peng, war der DAT im Eimer“, grinst Ulla Kart, Leiterin des gleichnamigen Kulturzentrums. Trotzdem, „Radio Feierwerk“ startet morgen auf der Frequenz 93,3 MHz.

Ein Kontrastprogramm zum üblichen Dudelfunk in Münchens Äther soll es werden, ein „Szene- Radio“ mit Musik von Hörern für Hörer. Das Konzept: Münchener Bands sollen ihr eigenes Forum bekommen. Alles von Death Metal über Hip Hop bis zum Jazz ist vertreten. „Szene“ ist für die Feierwerker ein Publikum, das Interesse hat an Veranstaltungen kultureller Art im weitesten Sinne. „Wir haben uns ganz bewußt davor gehütet, den Begriff genau zu definieren,“ sagt der Musikfachmann Klaus Martens.

Ein Kulturprogramm auf Kommerzfrequenz. Denn „Feierwerk“ hat keine eigene Frequenz. Vorerst wird das neue Szene-Radio sonntags zwischen 21.00 und 1.00Uhr auf der Frequenz eines kommerziellen Senders funken. „Wir sind denen aufs Auge gedrückt worden, ganz hart und brutal“, so Ulla Kart. Während der Woche wird an den Beiträgen gefeilt, dann live aufgenommen. Erst eine Stunde Musik mit Tips, Gesprächen und Hintergrund zu aktuellen Konzerten, dann 30 Minuten Kultur in Wortbeiträgen. Ab halb zehn gibt's dann Sound. Sendungen, die der Münchener Musikszene als Foren dienen sollen. Doch ein Haussender des „Kulturzentrums Feierwerk“, soll das Programm nicht werden. Dafür werden die rund 20 MitarbeiterInnen sorgen, die sich – zunächst einmal – ehrenamtlich ums Programm kümmern. Denn die Kohle ist knapp bei den Feierwerken, und noch steht das Finanzierungskonzept auf wackeligen Beinen. Auf Werbeeinnahmen allein kann das Szene-Radio nicht bauen. Deshalb wurde nach dem Vorbild von Nürnbergs „Radio Z“ ein Förderverein gegründet. 120 Mark zahlen die Mitglieder pro Jahr. Bislang haben sich ein gutes Dutzend Mitglieder eingefunden. Zu wenig. „Radio Feierwerk“ wird sich zunächst einmal über die Eintrittspreise für die Live-Mitschnitte finanzieren und auf das Engagement der jungen RadiomacherInnen vertrauen müssen. – Die unsichere Finanzlage ist auch nach der Selbsteinschätzung des Feierwerks der Hauptgrund gewesen, daß das Programm auf Widerstände und Mißtrauen bei der bayerischen Landesmedienanstalt stieß. Doch immerhin darf nun gesendet werden. Anders liegt der Fall bei „Radio Lora“, das als links-alternativer Sender vorerst an den bayerischen Gerichten gescheitert ist und weiter Trockenübungen machen muß. Die kommerzielle „Lora“-Konkurrenz hatte sich vor Gericht gegen ein vorgesehenes Frequenzsplitting gewehrt. In erster Instanz mit Erfolg. Von „Radio Feierwerk“ scheinen die Hüter der reinen Lehre keine Gefahr zu befürchten. „Feierwerk“ ist „nur“ radikal lokal. Aber ein spannendes Experiment. Geseko v. Lüpke

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