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Jango, schieß los!

■ Jango Edwards, US-Clown, unter teilnehmender Beobachtung bei seinem Workshop-Beitrag zum Clowns-Festival

Wird er uns dazu bringen, uns auszuziehen? Werden wir ihm genauso hilflos ergeben sein wie in seiner Show? Böse Zungen behaupten, ein Clown, der Workshops macht, betreibe Sozialarbeit.

„Fool school“ im Bremer freiraum-theater: 20 ElevInnen tummeln sich auf der Bank, mulmig-mutig bereit, sich auf ihn einzulassen: ungeheuerlicher, unberechenbarer, schrecklich ungehemmter, geschmackloser Jango Edwards; einer, für den es sowas wie moralische Grenzen nicht gibt, einer der besten Clowns. Breitbeinig tänzelt er durch den Raum, in Turnschuhen, kurzer Hose, Muskelshirt und Baseballkappe, also: wir haben uns hier getroffen, weil wir den Clown in uns wiederentdecken wollen, alle haben einen Clown in sich, das hier ist aber keine Schule, wir werden keine Technik, aber dafür Action machen, ich spreche nur Englisch, ihr könnt mich hoffentlich alle verstehen. Kaugummi aus dem Mund und retour.

Wir spielen; verlieren können, umfallen, sterben. Die anderen klatschen. Wir spielen Schlange, Vampir und Kampf. Wir üben weinen, schreien, lachen, Mimik und unseren Gang. Wir trainieren Selbsterfahrung und Beobachtung. Jango Edwards ist ganz sanftmütig, einfühlsam. „Ich erzähle euch ein Geheimnis“, flüstert er uns zu. Früher, in Amerika, da hat er als Landschaftsarchitekt gearbeitet, hat große Parks mit Gras besät, viel Geld verdient, hatte schnelle Autos, schöne Frauen, nahm Drogen. „Bis ich dieses Buch — mein 73tes — gelesen habe.“ Er warf alles hin, ging nach Europa und hat nie mehr gelogen. „Hilf den anderen, dann hilfst du dir selbst“, ist Jangos Botschaft.

„Dieser Mann ist überhaupt nicht obszön!“, freut sich eine der Skeptischen, „er törnt mich richtig an, toll.“ Klar faßt er die Leute gerne an, Küßchen hier, Umarmung da, Hose runter — ätsch, er hat 'nen Body drunter. Es ist ihm wichtig, uns das gleich zu erklären: Auf die Idee, sich den Pimmel zwischen die Beine zu klemmen, hat ihn sein kleiner Sohn gebracht, der macht das auch immer. „Es ist das Publikum, das dann aufspringt, pfeift und johlt“, sagt er unschuldig staunend. Blaue Augen hat er.

Seid natürlich, Leute! Steht zu euren Ängsten und Schwächen. Lernt euch selbst zu lieben. Immer wieder hält er uns inne. Und jagt uns zum nächsten Spiel, yeah! Tanzen, swingen, verliebtsein, verstecken, vertrauen. Die einfachsten Dinge sind die wichtigsten, kontrolliert euch, macht euch eure Mechanismen bewußt und glaubt daran. Bewegt euch und gebt Laute von euch. Egal was, man muß nur erkennen, daß es mechanisch ist: „Die Leute zahlen dafür!“

Jango Edwards hat vor 20 Jahren damit angefangen, sich auf der Straße hüpfend im Kreis zu drehen. In Amsterdam war das. „Alle wollten sehen, wie mir schlecht wird und haben mir Geld vor die Füße geworfen.“ In Holland will er jetzt ein Clowncenter aufbauen, weil es für die vielen Probleme auf der Welt noch viel zu wenig Clowns gibt. Er glaubt an eine Wiedergeburt des Clowns, irgendwann. Vorher noch schnell ein Kurzdurchlauf in Jonglieren und Pantomime; schneller, noch schneller, üben müßt ihr dann zu Hause, Tempo! Habt Spaß! Geht über die Grenze hinaus! Lacht! Bringt die Leute zum Lachen! „Ring the bell!“ — Chor: „Ding-dong!“ Ob er zwischendurch mal seinen Kaugummi gewechselt hat, weiß niemand. Silvia Plahl

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