: Kunick will Maulkorb für Ampel
■ SPD will Grüne und FDP im Stadtwerke-Ausschuß zur Parteidisziplin zwingen
Die FDP-Abgeordnete Annelene von Schönfeldt stand gestern Vormittag „spuckwütend“ auf dem Flur der Bremer Bürgerschaft: „Unverschämtheit“, schimpfte sie, „Gewissensbeugung durch Koalitionsraison“ und: „unmoralisch“. Der Untersuchungsausschuß Stadtwerke hatte für Stunden ein Nebenthema: Der SPD-Landesvorsitzende Konrad Kunick hatte an die Ampel-Partner unter dem Datum des 1. Juni einen Brief geschrieben, in dem es wörtlich heißt: „Namens der SPD möchte ich die Abgabe eines gemeinsamen berichtes der Mitglieder der Ampel-Koalition im Untersuchungsausschuß Stadtwerke (ohne Minderheitenvotum) zur koalitionspolitisch wichtigen Angelegenheit erklären.“
Das bedeutet: Zu dem Spenden- Filz aus den Zeiten der SPD-Alleinregierung dürfen die Grünen- und FDP-Vertreter im Stadtwerke-Ausschuß keine eigene Meinung im Abschlußvbericht formulieren. Die Formulierung „koalitionspolitisch wichtige Angelegenheit“ bezieht sich auf das Veto-Recht aus dem Koalitionsvertrag.
„Ein Angriff auf meine Integrität als Abgeordnete“ sei das, sagt von Schönfeldt zu dem Ansinnen. Die gleichermaßen betroffene Grüne Elisabeth Hackstein nickte: „Wir haben ein Regierungsbündnis, kein Mauschelbündnis.“ Sie bltterte im Gesetz über Untersuchungsausschüsse, wo steht, wo das „Recht des Abgeordneten“ auf die Forrmulierung eines Minderheitenvotums gesetzlich verbrieft ist. Hackstein: „Der Vorgang zeigt, daß mit diesem Parteivorstand eine Erneuerung der SPD nicht zu machen.“
Insbesondere waren die beiden betroffenen Abgeordneten verärgert, weil die Frage, ob sie sich mit den SPD-Abgeordneten im Ausschuß nicht auf einen gemeinsamen Bericht einigen können, längst nicht entschieden ist — die Vernehmungen laufen noch. „Wieso Minderheitsvotum“, scherzte CDU- MdBBÜ Teiser, „wenn Sie mit der CDU zusammen einen Bericht machen, ist das die Mehrheit“. Über die Motive des SPD- Landesvorsitzenden gab es wenig Spekulation: Er muß sich darüber im Klaren gewesen sein, daß dieser Brief einen Sprengsatz mehr für die Ampel bedeutet. Dafür spricht, daß er Ausschuß-Vorsitzenden Christian Weber (SPD) nicht eingeweiht hatte — der erfuhr durch die Journalisten von dem Brief.
Weber wies am Donnerstag Nachmittag nach interner Beratung im Namen der drei Ampel- Fraktionen im Untersuchungsausschuß den Versuch einer „unzulässigen Einflußnahme von außen (...) entschieden zurück“. K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen