: Nostalgie-Trip für Heese
■ Mit Horst Heese läßt sich ein Spieler aus besseren Tagen im Stadion sehen / Hamburger SV im Match gegen Frankfurt nur Außenseiter
im Match gegen Frankfurt nur Außenseiter
Der HSV-Retter ist da. Wieder da, um genau zu sein. Es ist nicht Hunke, Buddhist, nicht Bretzlaff, Hexer. Es ist Horst Heese, Hippie. Oder besser: Ex-Hippie. Die langen Haare sind im Laufe der Jahre gestutzt worden und flohen vor der bewegten Vergangenheit auf den Hinterkopf zurück. Denn Horst Heese (49) lebt in der Gegenwart, und die ist zum Haareraufen. Der Nachfolger von Dragoslav Stepanovic auf dem Trainerstuhl bei Eintracht Frankfurt darf sich nur noch bis nach dem Spiel heute, beim Hamburger SV, Chef der technisch ausgefeilten Hessen-Elf nennen, denn dann muß der im April als Interimstrainer an den Main geholte Heese zurück in die Bedeutungslosigkeit. Für ihn kommt Klaus Toppmöller als neuer Coach.
So ist die Wiederkehr Heeses an seine alte Wirkungsstätte gleichzeitig ein Abschied. In der Saison 1972/73 kam Eisenfuß und Goldköpfchen Heese („Wo der köpft, halten andere noch nicht einmal ihren Fuß hin“) ausgerechnet von Frankfurt an die Elbe, rettete mit seinem Kampfgeist, seinen Toren und seiner Unbekümmertheit dem damals auf dem letzten Tabellenplatz rangierenden HSV den Klassenerhalt und wurde der gefeierte Nachfolger von Uwe Seeler. Ein Abschied ist das letzte und bedeutungslose HSV-Spiel in dieser Saison aber auch für den Kapitän Frank Rohde, der „einfach keine Lust mehr auf diese Plackerei“ hat und für knapp eine halbe Million zu Hertha BSC wechselt, sowie für Jan Furtok, der sich gegen seine neue Mannschaft schon einmal empfehlen kann. Der polnische Nationalspieler wechselt für 2,2 Millionen Mark nach Frankfurt. Und ein Abschied ist es auch für all die blassen Kicker, die den HSV am Saisonende verlassen wollen oder müssen: Wadenbeißer Matysik, Sensibelchen Spies und Ottos Bester, der wohl erst unter Rehhagels Fittichen zu einem Guten reift. Die Firma Fleurop kann also heute im Volksparkstadion eine Filiale eröffnen, wenn die Fußballer mit einem Meer von Blumen verabschiedet werden. Zum HSV wechselt dafür der 23jährige dänische Nationalspieler Stig Föfting (Aarhus GF), für den der smarte Manager Heribert Bruchhagen gerne eine schlappe Million hinblättert, weil der Mittelfeldspieler nicht nur ein vielversprechendes Talent ist, sondern auch wieder ein paar hundert dänische Fans mit der Lars-Bastrup-Nostalgieträne im Auge sonnabends über die Grenze lockt. Den Litauer Valdas Ivanauskas (Austria Wien) kann man noch zum toreschießen für gut zwei Millionen neben Karsten Bäron stellen. Letzterer kann sich heute beim Frankfurter Anthony Yeboah abgucken, wie ein echter Torjäger aussieht. Der blasse Bäron wirkt in seiner staksigen Art längst nicht so dynamisch wie der Ghanaer, der sich noch die Torjägerkrone der Bundesliga aufsetzen kann, da er bislang mit 19 Toren genauso oft getroffen hat wie Ulf Kirsten von der Leverkusener Schmerzmittel- Truppe. Im Frankfurter Team fehlen heute Falkenmeyer, Weber und Kruse.
Freundschaftlich wird es wie beim 3:3-Hinspiel sicher wieder zwischen Uwe Bein und Thomas von Heesen zugehen. Das ehemalige Hamburger Traum-Duo wird sicherlich in Nostalgie schwelgen, Uli Stein wird ein paar Anekdoten zum besten geben und am Ende singen alle zu den Rhythmen des Frankfurter Fanklubs „Die Zeugen Yeboahs“, „Ebony and Ivory“. raz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen