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SPD-Vorstand: schlechte Stimmung

■ Kunick gestoppt / Machtkampf geht weiter

SPD-Vorstand:

schlechte Stimmung

Kunick gestoppt / Machtkampf geht weiter

Eine Woche vor dem Mißtrauensvotum der CDU gegen den Umweltsenator Fücks ist in der Bremer SPD nur eines klar: die Gegner der Ampel-Koalition nutzen jede Gelegenheit.

In der Sitzung des Landesvorstandes am Freitag und Samstag ging es auch um das Thema Hemelinger Marsch, das der CDU den Anlaß für das Mißtrauensvotum gab. Obwohl die SPD auf ihrem Landesparteitag einen Grundsatzbeschluß gefaßt hatte, der die Position des Umweltsenators unterstützt, hatten die SPD-Senatoren im Senat anders gestimmt. „Ich behaupte nach wie vor, der Parteitagsantrag ist eindeutig“, sagt die Antragstellerin Tine Wischer. Danach solle erst einmal ohne die Hemelinger Marsch das Gewerbeflächenprogramm realisiert werden. Erst wenn sich das als zu wenig erweist, soll neu entschieden werden. Bürgermeister Wedemeier erklärte dem Landesvorstand, aus übergeordneten Gesichtspunkten habe er im Senat anders entschieden: Es sei unter dem öffentlichen Druck darum gegangen, wirtschaftspolitische Kompetenz zu signalisieren.

Aus dem Bremer Westen lag dem Landesvorstand der Protest der Parteibasis gegen den Senatsbeschluß, das Asylschiff im Kohlehafen festzumachen, vor. Auch hier hatten die Senatoren anders als die Partei votiert. Ergebnis der Beratungen: Bis zum 1.10.93 soll geklärt werden, ob durch Wohnungsbau auf das Schiff zur Unterbringung von Asylbewerbern verzichtet werden kann. Solange liegt es im Kohlehafen. Wenn es dauerhaft gebraucht wird, soll es am Weserbahnhof seinen Liegeplatz finden.

Der Landesvorstand hatte auf seiner Sitzung auch zwei Briefe zu debattieren, in denen sein Vorsitzender Kunick ohne Absprache und ohne Rücksicht auf interne Mehrheiten Politik machen wollte. Der eine sollte die „Ampel“-Koalitionäre im Untersuchungsausschuß Stadtwerke zur Fraktionsdisziplin zwingen und ein „Minderheitsvotum“ von Grünen oder FDP untersagen. Entstanden war der Brief nicht in Diskussionen des Landesvorstands, sondern in pfingstlicher Laune zwischen den „Exil“-Senatoren Grobecker, Sakuth und Kunick. Ergebnis der Debatte im Landesvorstand: Kunick betrachtet den Brief als „gegenstandslos“ und bedauert, daß er „Mißverständnisse“ ausgelöst habe.

In dem zweiten „Brief“-Fall hatte Kunick dem DGB mitteilen lassen, die SPD unterschreibe einen Demonstrationsaufruf des DGB wegen eines Hinweises auf staatlichen Sozialabbau nicht. Der Landesvorstand korrigierte Kunick: Die SPD unterschreibt und steht voll und ganz hinter der Aussage.

Trotz solcher Korrekturen war den Mitgliedern des Landesvorstandes klar, daß der innerparteiliche Machtkampf weitergeht. Die Zeitung des SPD-Unterbezirks West druckt eine satirische Kolumne eines „Volker“, der dem Staatsrat im Rathaus (“Lieber Andreas“) einen Posten im Stadtwerke-Vorstand verspricht, wenn Wedemeier gestürzt wird. Unterbezirksvorsitzender Sakuth bittet per Fragebogen die Mitglieder, ihre Meinung zur „bremischen Politik, über Sacharbeit, Personen und Koalitionen abzugeben“.

Der Landesvorstand nahme diese Umfrage im Bremer Westen zur Kenntnis, da ja jeder machen kann, was er will.

K.W.

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