: Ossis auf Touren
■ Tourismusindustrie boomt / Am liebsten nach Westdeutschland
Frankfurt/Main (dpa) – Urlaubsreisen bekommen bei den Bürgern in den fünf neuen Bundesländern einen immer größeren Stellenwert. Trotz wachsender Arbeitslosigkeit reisen die Ostdeutschen auch in diesem Jahr wie nie zuvor. Nachdem Urlaubsveranstalter schon im vergangenen Jahr erhebliche Zuwächse bei Buchungen aus Ostdeutschland verzeichnet hatten, registrieren sie in diesem Jahr Zuwachsraten bis zu 60 Prozent.
Allein der Veranstalter NUR- Touristik in Frankfurt, bei dem 1992 rund 400.000 Ostdeutsche einen Urlaub gebucht hatten, registriert bisher einen Gästezuwachs von 45 Prozent. „Das läuft zur Zeit gigantisch gut“, meint NUR-Sprecher Gunther Träger. Vor allem Flüge vom Flughafen Leipzig seien gut gebucht. Bei Touristik Union International (TUI) in Hannover liegen die Buchungszahlen um 60 Prozent über dem vergleichbaren Vorjahresniveau, bei ITS („Kaufhof-Reisen“), das im Osten über eine eigene Reisebürokette mit rund 200 Agenturen verfügt, um 50 Prozent.
Auch kleinere und mittlere Veranstalter profitieren zunehmend von dem Boom. So hat Kreutzer Touristik in München seinen Ostdeutschland-Umsatz verdreifacht. „1993 ist das erste Jahr, in dem wir richtige Umsätze machen“, so ein Sprecher. Renner ist bei fast allen Veranstaltern Deutschland. Allein bei TUI buchen zwei von drei Kunden aus den neuen Ländern ein Reiseziel im früher versperrten Westen; bevorzugt seien Bayern und die Nordseeküste.
Eine Rolle spiele aber auch die Erreichbarkeit dieser Ziele mit dem Auto, was im Vergleich zu Flugreisen die Reisekasse schone.
Bei den Flugreisezielen ist weiterhin Tunesien auf Platz eins vor Mallorca, Griechenland, der Türkei und Österreich.
Stark im Kommen ist den Veranstalterangaben zufolge Bulgarien, das bei vielen Unternehmen an der Spitze der Wachstums-Hitliste steht. „Das war in der früheren DDR so eine Art Luxusreiseziel.“
Darüber hinaus wächst die Zahl der ostdeutschen Urlauber, die offenbar beim Urlaub weniger auf die Mark schauen. So registriert der Frankfurter Veranstalter einen immer größeren Anteil ehemaliger DDR-Bürger, die sich US-Reisen, teure Städte-Reisen oder Abstecher zu Euro-Disney bei Paris leisten.
Der Durchschnittsreisepreis ist bei den vier größten Reiseveranstaltern in diesem Jahr auf rund 1.000 DM geklettert – rund 200 DM mehr als noch vor einem Jahr. Die Westdeutschen geben durchschnittlich rund 1.350 DM aus.
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