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„Ich wäre geblieben“

Nach zwanzig Monaten Lehrzeit bei Waldhof Mannheim will Klaus Toppmöller bei Eintracht Frankfurt sein Trainer-Meisterstück machen  ■ Von Günter Rohrbacher-List

Mannheim (taz) – Die Geschichte mit dem schnellen Flitzer ist längst vergessen. Vor der Europameisterschaft 1976 in Jugoslawien passierte dem 25 Jahre alten Klaus Toppmöller, Mittelstürmer des 1. FC Kaiserslautern, auf der Heimfahrt nach Trier ein folgenschwerer Unfall. „Toppi“ irrte eine halbe Nacht orientierungslos durch den Wald. Er, der durch sein Tor zum 2:0 gegen Spanien die deutsche Elf in die Finalrunde geschossen hatte, mußte zu Hause bleiben und wurde durch den bei diesem Turnier triumphierenden Kölner Dieter Müller ersetzt. Auf ganze drei Länderspiele brachte es der Mann, der in 204 Bundesligaspielen für den 1. FC Kaiserslautern 108 Tore erzielte, ein Vereinsrekord mit Ewigkeitswert. Doch international war Toppmöller, ab 1.7. neuer Trainer der Frankfurter Eintracht, vom Pech verfolgt. 1978 zählte er zum erweiterten Kreis für die WM in Argentinien, doch eine schwere Knieverletzung verhinderte seine Teilnahme.

Zu jener Zeit besaß Klaus Toppmöller längst ein berufliches Standbein. Als der aus dem SV Rivenich/Mosel hervorgegangene Stürmer 1972 von Eintracht Trier auf den Betzenberg kam, baute er schnell noch seinen Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau. Es folgten mittelmäßige Jahre für den 1.FCK, und just auf dem Höhepunkt der ersten Feldkamp-Euphorie 1980 wurde er zum Sportinvaliden – das Knie.

Den anschließenden drei Jahren in der US-Operettenliga bei den Dallas Tornados folgte ein halbes Jahrzehnt als Spieler, Manager und Trainer des Südwest-Oberligisten FSV Salmrohr, mit dem er ein Jahr in der zweiten Bundesliga verweilte. Hier gelang es Klaus Toppmöller, seinen Freund aus vergangenen Nationalmannschaftstagen, Bernd Hölzenbein, zu einem Comeback zu überreden. Die Beziehung zwischen den beiden hielt bis heute. Und so mußte „Holz“ nicht lange überlegen, als Dragoslav Stepanovic seinen Wechsel zu Bayer Leverkusen kundtat. Denn mittlerweile war „Toppi“ über den SSV Ulm und Wismut (jetzt: Erzgebirge) Aue beim Eintracht- Nachbarn SV Waldhof Mannheim gelandet, hatte dort im September 1991 den Schlappner-Eleven Günter Sebert, einen Prediger der Defensive, abgelöst. Die gute nachbarschaftliche Connection nutzte Toppmöller optimal. Der SV Waldhof übernahm den von Stepanovic ausgemusterten Norbert Nachtweih und den talentierten Bankhocker Thomas Lasser.

Für die Zukunft hat der neue Eintracht-Coach ein Kooperationsmodell mit den Mannheimern im Auge, die den hyperaktiven Trainer nur ungerne ziehen ließen. Doch weil sie nicht clever genug waren und den Ehrgeizling nicht rechtzeitig weiter an sich banden, mußten sie mitansehen, wie „Toppi“ in Frankfurt unterschrieb. „Mit einem neuen Vertrag wäre ich geblieben, aber so hätte doch jeder gesagt, ich sei ein Feigling, wenn ich das Angebot der Eintracht ausgeschlagen hätte.“ Dabei wäre er viel lieber Sportdirektor in Mannheim geworden, auch mit Blick auf das neue Rhein-Neckar- Stadion und die besser werdenden Vermarktungschancen für den SV Waldhof. Doch der Provinzialismus siegte über die utopischen Visionen des Mannes, der in seinem Heimatort Rivenich auch mehrere Jahre als SPD-Gemeinderat die Kommunalpolitik mitbestimmte, und der nicht nur den Kicker, sondern auch gute Bücher liest und den Spielern eine eigene Meinung zugesteht. Deshalb glaubt Toppmöller, daß er mit den Stars der Eintracht, die alle für eine kesse Lippe gut sind, zurechtkommt.

Als der SV Waldhof Anfang Mai in Duisburg und gegen Meppen einbrach, geriet Toppmöller in Mannheim in Gefahr, entlassen zu werden. Kleingeistige Kritiker sahen in ihm den Sündenbock für die verlorenen Spiele. Und der Trainer hatte seinen Nachfolger Jürgen Sundermann angegriffen. „Der Jürgen Sundermann hat sich noch nicht mal die Mühe gemacht, sich seine künftige Mannschaft anzusehen.“ Das schmerzte „Toppi“, der stolz auf seine Crew war. Er ließ indes keine Gelegenheit aus, in Frankfurt gemeinsam mit „Holz“ die neue Saison sorgfältig zu planen. Vor seiner neuen Aufgabe ist dem 42jährigen denn auch nicht bange. „Ich freue mich darauf, mal mit fertigen Spielern zu arbeiten, denen muß ich nicht mehr so viel beibringen.“ Auch vor der Frankfurter Medienlandschaft hat der „Sanierer des SV Waldhof“ keine Angst. „Die müssen sich auf mich einstellen, nicht umgekehrt.“ Von der FAZ bekam der potentielle FR-Leser Toppmöller auch gleich kräftig eins aufs Dach. „Von Toppmöller schwärmt nur Toppmöller“, versuchte sie den Neuen zur verbalen Mäßigung zu zwingen. Doch den selbstbewußten Moselaner läßt all dies kalt. „Ich kann zweimal Deutscher Meister werden und wäre trotzdem bereit, irgendwann einmal nach Mannheim zurückzukehren“, setzt der Zigarettenraucher Prioriäten in Sachen Familie, die in Rivenich wohnen bleibt. Ein Buch wie seine populistischen Vorgänger Klaus Schlappner („Wunder Waldhof“) und Günter Sebert („Waldhof ist mein Leben“) will Klaus Toppmöller sich nicht schreiben lassen. Dabei wäre das Werk „Von der Defensive zur Offensive – Waldhöfer Perspektiven“ als Dokument des epochalen Bruchs mit dem Klopper- und Mauerfußball in die Annalen des Mannheimer Nordens eingegangen.

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