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Aufschub für Vollzug

■ Disziplinarmaßnahmen im Knast nur nach richterlicher Prüfung zulässig

Hamburg (taz) – Disziplinarmaßnahmen im Knast – Arrest oder Bunkerhaft – dürfen nur dann vollzogen werden, wenn ein ordentliches Gericht über die Rechmäßigkeit entschieden hat. Notfalls muß die Gefängnisbürokratie die Maßnahme bis zu einem Urteil aussetzen. Das hat jetzt das Bundesverfassungsgericht (BVG) in Karlsruhe entschieden.

In dem Verfahren ging es um zwei Vorfälle in der Justizvollzugsanstalt Straubing. Die Anstaltsleitung hatte gegen den Strafgefangenen Michael Jauernik, der 1990 die Knastrevolte in „Santa Fu“ angeführt hatte, wegen unterschiedlicher Vorfälle Arrest verhängt. In beiden Fällen klagte der fünffache Bankräuber gegen die „Willkür“ per Einstweiliger Verfügung vor dem Landgericht Regensburg. Die Gerichte wiesen die Klagen ab, weil die Maßnahmen bereits vollstreckt waren.

In beiden Verfahren, so der zweite BVG-Senat jetzt, sei von den Gerichten beziehungsweise vom Knast gegen Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz verstoßen worden. Die obersten Richter: „Dieser Artikel gibt dem Bürger einen Anspruch darauf, gegen Rechtsverletzungen durch die öffentliche Gewalt die Gerichte anzurufen.“ Das BVG weiter: „Daraus folgt, daß der gerichtliche Rechtsschutz soweit wie möglich der Schaffung solcher vollendeten Tatsachen zuvorzukommen hat.“

Im ersten Verfahren haben die Richter die Verpflichtung gehabt, sofern sie nicht umgehend entscheiden können, zumindest bis zu einem abschließenden Urteil die Vollstreckung des Arrestes außer Kraft zu setzen. (Az: 2 BvR 1605/929)

Im anderen Fall rügten die Karlsruher Richter das Verhalten der Justizvollzugsanstalt. Die Knastleitung sei verpflichtet gewesen, Jauerniks Eilantrag umgehend – auch am Wochenende – an die Vollstreckungskammer zu schicken. „Tut die Anstalt das nicht und erkennt sie, daß durch die Briefkontrolle ein Antrag das Gericht nur mit Verzögerung erreicht, wird sie in der Regel die Maßnahmen bis zur gerichtlichen Entscheidung auszusetzen haben.“ (Az: 2 BvR 1710/92)

Es ist nicht das erste Mal, daß Jauernik dem Strafvollzugsapparat über das BVG einen Rüffel erteilen läßt. Erst im März hatten die obersten Richter entschieden, daß Jauerniks Zwangsverlegung nach Straubing im Herbst 1990 verfassungswidrig war. Die Begründung der Richter: „Gerade für den Gefangenen, der sich nicht wie ein Mensch in Freiheit seine engeren sozialen Kontakte selbst auswählen und sich von anderen abwenden kann, erhält das Gewöhntsein in die Gegebenheiten einer bestimmten Anstalt große Bedeutung.“ (Az: BvR 196/92) Kai von Appen

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