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Viel versprochen - viel behalten

■ GAL und Beschäftigungsträger kritisieren: Senat spart bei Arbeitsmarktpolitik / Hamburger Mittel nicht ausgegeben  Von Sannah Koch

Ihrem Wahkampfslogan „Versprochen und Gehalten“ ist die SPD in puncto Arbeitsmarktpolitik nicht gerecht geworden, so befanden gestern jedenfalls die GAL-Abgeordnete Anna Bruns und Holger Stümpel, Geschäftsführer eines Beschäftigungsträgers: „Die Sozis haben ihr Versprechen gebrochen, bei den Bonner Kürzungen der Arbeitbeschaffungsmaßnahmen nicht mitzusparen.“ Rund 36 Millionen Mark, so errechneten sie, habe der Senat im Windschatten des Bonner Kahlschlags auf die Seite gelegt.

Eine Manöver, das auf Kosten der Erwerbslosen ginge. Denn durch die drastische Reduzierung von Bundeszuschüssen sind 1993 bereits 1570 AB-Maßnahmen ausgelaufen und auch im Bereich Fortbilung und Umschulung wurde um 1877 Maßnahmen abgespeckt. „Und das, obwohl im Mai '93 4000 Erwerbslose mehr gezählt wurden als im Mai '92“, wie Anna Bruns vorrechnete. Ein Negativtrend, der ursächlich auf das Konto der Bonner Regierung geht, wie Bruns und Stümpel einräumen. Doch ihnen stoßen die „falschen Versprechungen“ des Sozialsenators Runde und dessen „Untätigkeit“, der Entwicklung mit einer kommunalen Arbeitsmarktpolitik zu begegnen, sauer auf. „Wir fordern gar nicht, daß Hamburg gänzlich die Bonner Löcher stopft“, so Bruns. Doch der Senat solle für die künftige Arbeitsmarktpolitik wenigstens die Summe bereitstellen, die er noch 1992 investiert hat.

Tut er aber nicht – nach den Rechnungen von Stümpel und Bruns, senkte er den Etat im Vergleich zum Vorjahr von 145 Millionen auf 127 Millionen Mark, doch auch dieser reduzierte Haushaltstitel werde in diesem Jahr nicht ausgeschöpft. Lediglich 109 Millionen, so ergaben ihre Nachforschungen, werden 1993 ausgegeben. Noch im vergangenen Jahr hatten Sozialdemokraten wie Vize-Fraktionschef Jan Ehlers versprochen, daß die bereitgestellten Mittel in voller Höhe ausgeben würden. Als ebenso brüchig scheint sich das Versprechen zu erweisen, nach dem die Hamburger Trägerstruktur abgesichert werden soll. Nach Auskunft Stümpels kämpfen etliche Beschäftigungsprojekte ums Überleben. Dabei verfügten zwar viele noch über Anleiter, doch nicht mehr über Auszubildene. Konsequenz: Ausbilder werfen entnervt das Handtuch.

Doch die Zukunft ist nicht rosiger. Neue Einsparungen wurden jüngst in Bonn beschlossen und auch im Hamburger Etat für 1994 wurde, so Stümpel, erneut ein reduzierter Ansatz vorgesehen: „Der reicht wieder nicht für die versprochenen 3000 Stellen.“ Das Thema könnte jedoch im Herbst wieder bedeutsam werden: Sollte es rot-grüne Koalitionsgespäche geben, so Anna Bruns, werde sich die SPD hier bewegen müssen.

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