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Sparvorschlag „Verwaltungsforschung“

■ taz mit dem senatorischen Rotstift unterwegs (1): Ein Beispiel für Spar-Ideen, die keinen Pfennig einsparen

Die höchste Kommission des Bremer Ampel-Senats heißt „Arbeitsgruppe Aufgabenoptimierung“. Hinter dem schönen Titel verbirgt sich etwas, das früher einmal mit bösen Worten wie „Staatskommissar“ oder „Sparkommissar“ belegt wurde: Ein hochrangiger Senatorenkreis, besetzt mit der ersten Garde der Ampel, Wedemeier, Fücks, Jäger..., will die Sache selbst in die Hand nehmen. Der Hintergrund liegt auf der Hand: Die Ressorts blocken Sparvorschläge grundsätzlich ab, seien sie vernünftig oder nicht.

Im Mai hat dieser erlauchte Kreis eine Liste von Streich- Vorschlägen zusammengestellt unter der für den Finanzsenator so erfreulichen Überschrift: „Kurzfristig wirkende Maßnahmen...“ Als erstes Fallbeispiel dieser Liste haben wir und den Spiegelstrich „Auflösung des Aus- und Fortbildungszentrums Referat 30 (Verwaltungsforschung)“ vorgenommen. Also ein Sparvorschlag, den der Finanzsenator selbst in seinem Haus verwirklichen müßte. Hatte sich da etwa ein unnötiger, überflüssiger Kropf entwickelt? Was tut dieses Sachgebiet „Verwaltungsforschung“? Ist das, was da getan wird, überflüssig? Warum kann jetzt gerade hier gespart werden?

In gültigen Behörden-Buch ist das Referat Verwaltungsforschung auf Seite 40 mit zwei Personalstellen und Telefonnummern angegeben, „Arbeitsstelle für Verwaltungsforschung“ heißt es offiziell. Eine der beiden dort aufgeführten Personen hatte aus Gründen, die hier nicht wiederholt werden sollen, seine Arbeit nie angetreten. Finanzsenator Grobecker hatte ihm dereinst geschrieben: „Unser beider Vereinbarung war, etwas Attraktives, Sinnvolles zu machen, wo Du das, was Du kannst, auch einbringen kannst...“ Der Finanzsenator wollte in seinem Ressort für den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, der ihn kontrollieren soll, eine Stelle als Professor schaffen. Der Fall flog auf, daraus wurde nichts Sinnvolles.

Grobecker hatte große Pläne, das weiß die andere Person aus „Referat 30“, Rolf Prigge, zu berichten: Hier sollte ein „Institut für Verwaltungsforschung“ konzipiert und vorbereitet werden, eine Zentrale, die Innovation für den Öffentlichen Dienst versprach. Da das „Institut“ ohne wissenschaftliche Freiheiten schlicht eine untergeordnete Dienststelle des Finanzsenators werden sollte, hätte der nebenbei immer über gute Information aus den Verwaltungsbereichen verfügt, die er zur Kostenkontrolle braucht.

Ob so ein „Institut“ nicht ein Konstruktionsfehler ist, weil es nicht an die notwendigen unabhöngigen Informationen herangekommen wäre, konnte sich in der Praxis nie erweisen: Finanzsenator Grobecker ging, Kröning folgte nach. Damit, so Prigge, war die Idee des Instituts gestorben. Zwei Jahre umsonst konzipiert und geplant.

Deswegen wurde es längst aufgelöst, seit Anfang Januar 1993 ist da nichts mehr. Hat das Finanzressort hier einen Trick angewandt, den es den SenatskollegInnen immer wieder ankreidet, nämlich im Mai etwas auf dem Spar-Altar anzubieten, was längst kein Steuergeld mehr kostet? Angefaßt weist der zuständige Pressesprecher das zurück: Das Finanzressort habe den Sparvorschlag gar nicht gemacht, der käme aus dem Rathaus.

Ende gut, alles gut? Mitnichten. Da die Stelle „Prigge“ eine im Öffentlichen Dienst ist, kann sie nicht wegfallen. Prigge, so weiß man beim Finanzsenator, ist bei der Kooperationsstelle Arbeiterkammer/Universität. Auch die, ein schlechter Scherz am Rande, ist mit einem Spiegelstrich als kürzungsfähig in der Arbeitsgruppe „Aufgabenoptimierung“ versehen.

Seine Stelle hat Prigge dorthin „mitgenommen“, wie es im Behördendeutsch heißt. Das bedeutet: Kein Pfennig ist mit der Streichung der „Verwaltungsforschung“ im Lande Bremen gespart worden. Und was Prigge nun bei der Kooperationsstelle macht, kann man zusammenfassend gut als „Verwaltungsforschung“ bezeichnen: Er koordiniert die Arbeitsgruppe Weiterbildung des Senats, er projektiert ein Projekt zur Erforschung der Veränderungen im Handlungsspielraum öffentlicher Bediensteter und so fort.

In der Spar-Liste der Super- Senatoren ist vorsichtshalber die Höhe der „kurzfristig wirkende Maßnahmen...“ in Mark und Pfennig nicht angegeben.

K.W.

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