piwik no script img

Muckis letzte Ruhe

■ In Oyten finden verdiente Haustiere eine würdige Entsorgung

Muckis letzte Ruhe

In Oyten finden verdiente Haustiere eine würdige Entsorgung

Unter dem großen Kirschbaum steht ein kleiner Grabstein mit der Inschrift „Unser lieber kleiner, Nico.“ Der Findlung ist von „Mami und Papi“, der Stein zur Erinnerung an den Sohn trägt das Foto von Nico, der zu Lebzeiten ein Terrier war. „Naja, eingentlich mache ich sowas nicht“, erzählt der Friedhofsbetreuer und ehemalige Steinmetz Uwe Mankowski entschuldigend, „man soll die Tiere nicht vermenschlichen, Tier muß Tier bleiben.“

Auf Waldis Ruh', dem privaten Haustier- und Hundefriedhof in Oyten, dem Vorgarten Bremens, liegen 550 Tiere. Manche liegen unter dem kurz geschnittenen Rasen im anonymen Gräberfeld, andere in Einzelgräbern. Preislich ist das alles geregelt, Für die Liegezeit von vier Jahren kostet das Einzelgrab für den kleinen Hund (oder Katze) 500-600 Mark je nach Einfassung des Grabes, Steinauswahl und Beschriftung. Der große Hund war nicht nur zu Lebzeiten teurer im Futter, auch für sein Grab muß man etwas mehr zahlen: 700 — 800 Mark. Die anonymen Gräber sind preiswerter: kleine Hunde 250 und große 300 Mark.

Mit seinen festgelegten Preisen kam Mankowski letzten Winter selbst ins Schleudern. Was sollte er für ein Einzelgrab für einen Wellensittich nehmen? Irgendwie einigte man sich. Das Grab verdient die Bezeichnung nicht, es ist höchstens ein Gräbelchen: 15 mal 25 cm, mit einem kleinen flachen Sand-Stein. Da ruht nun Mucki. „Ein Tier, daß einem ein treuer Freund war, verdient es nicht, einfach in die Tierkörperverwertungsanstalt zu kommen“, findet Mankowski.

Und das Tier in den Garten einzubuddeln ist „aus grundwasserrechtlichen Erwägungen“ in Bremen nicht erlaubt. Eine Feuerbestattung ist wegen der Emissionen ebenso verboten. „Sie wissen doch, wie das stinkt, wenn sie mal aus versehen die Haare angekokelt haben“, drückt Jan-Hendrik Brand beim Senator für Gesundheit und Soziales, Abteilung Tierkörperbeseitigung, sich vorsichtig aus. Gestorbene Kleintiere kann man in Bremen auf den Fuhrhöfen der Bremer Entsorgungsbetriebe kostenlos abgeben. Sie werden dann von der Tierkörperverwertungsanstalt abgeholt.

Gerne werden die Tiere in ihren Lieblingsdecken zu Grabe getragen, bei Särgen dauert die Verwesung zu lange

Ein Pudel ist gestorben. Uwe Mankowski macht einen Termin für die Beerdigung aus. Wer vormittags anruft, kann schon am Nachmittag zur Beisetzung schreiten. Mankoswski möchte gerne, daß die Leute selbst mit ihren toten Tier hinkommen. Die Tiere werden von ihren Besitzern in ihre alten Liebelingsdecken gewickelt. Särge sind zu teuer und vergammeln zu langsam. „Aber zwei Mal habe ich auch schon weiße Kindersärge besorgt, weil die Kunden das unbedingt wollten“, sagt Mankowski.

Nachdem „das Tier runtergelassen“ ist, schüttet Mankowski ein bißchen Erde drüber und sagt ein Sprüchlein auf. „Das ist bestimmt einmalig“, erzählt er stolz. „Jeder Hund bekommt einen Spruch mit auf den Weg.“ O-Ton mankoswski: „Denket nicht an seinen Tod, sondern wie er immer war. Treue war sein Leben, Ruhe wollen wir ihm geben.“ Als Erinnerung an die Beerdigung erhalten die Trauernden eine Plastikkarte mit dem Spruch — zum Nachlesen in schweren Stunden. Dieser Spruch“, findet Mankowski, „ist mit viel Wirklichkeit verbunden.“

Oft kommen ganze Prozessionen mit zur Tierbeerdigung, Freunde, Verwandte, Bekannte der Trauernden und legen Blumen auf das Grab. — Direkte Verwandte im Trauerzug der Verblichenen sind eher die Ausnahme. Und später werden die Gräber natürlich liebevoll bepflanzt oder mit Gartenzwergen verziert. Eine junge Frau kommt jeden Samstag und gießt das Grab ihres Mutzi. Bei Bläcky stehen stets frische Moosröschen, und das „Ewige Licht“ geht für Hella, eine jung verschiedene Pekinesin, nie aus. Fast 40 Leute betreiben auf Waldis Ruh' am Wochenende Grabpflege. Sie müssen sich streng an die Friedhofsordnung halten: „Die Ruhe für unsere vierbeinigen toten Freunde ist zu wahren. Mitgebrachte lebende Hunde sind an der Leine zu führen.“ Vivianne Agena

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen