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Nach dem Flippern Glasbruch

■ Bewährungstrafe für Fensterscheiben-Zertrümmerer

Die Angeklagten waren vor Gericht sehr kleinlaut. „So, wie es da steht, ist es korrekt“, anwortete der 22jährige M. auf die Frage, ob er zur Anklage etwas zu sagen habe. Insgesamt 16mal hatten er und sein 25jähriger Freund S. von Anfang Januar bis Ende Februar in Schnelsen Fensterscheiben eingeschmissen.

„Wir haben meistens erst 'ne Runde geflippert und sind dann einfach los“, erinnerte sich M. bei der gestrigen Verhandlung. Zunächst waren es die vier Scheiben eines Blumengeschäfts, später wurden auch Küchen-, Schlafzimmer- und Wohnzimmerfenster Zielscheibe für die Steine, die die beiden zuvor am AKN-Bahndamm eingesammelt hatten.

„Wir hatten beide Probleme zu Hause und in der Firma, da haben wir diesen Blödsinn gemacht“, versuchte M. die Tat zu erklären. Beiden sei vor kurzem der Vater gestorben. Auch habe M. seine Lehre geschmissen und S. sich von der Freundin getrennt.

Ob sie sich denn nach der Tat erleichtert gefühlt hätten, wollte Richter von Selle wissen. Darauf M.: „Im Endeffekt nicht“. Sie hätten sich sowieso zuletzt überlegt, es nie wieder zu tun. „Fünf Minuten, bevor der Streifenwagen kam“. Eine Einlassung, die weder Staatsanwältin noch Richter überzeugten. Auch die persönlichen Probleme, so Richter von Selle, seien nicht mal „ansatzweise eine Entschuldigung“ für die Taten, bei denen wie durch ein Wunder niemand zu Schaden kamen. Auch könne man wegen der Häufigkeit der Delikte nicht von einer einmaligen Jugendsünden sprechen.

Die beiden hatten keinen Anwalt, und so mußte der Richter erklären, was es bedeutet, daß S. zu sechs und der bereits vorbestrafte M. zu neun Monaten auf Bewährung verurteilt wurde. „Komme ich ins Gefängnis?“ wollte der zitternde S. wissen. Nein, nicht, wenn sie der Auflage nachkommen, den entstandenen Schaden in Monatsraten von mindestens 100 Mark zu regulieren. kaj

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