: Christine Wischer auf den Schleudersitz
■ UB-Vorsitzende an die Spitze der Bremer SPD / Henning Scherfs zweiter Rücktritt als Kandidat
Die neue Hoffnungsträgerin der Bremer SPDFoto: taz
Überraschung im SPD-Parteibüro. Die Findungskommission für den Vorsitz der Bremer SPD hat sich entschieden: Christine Wischer, Bürgerschaftsabgeordnete und Vorsitzende des Unterbezirks Bremen Ost soll den Schleudersitz an der Spitze der Landes-SPD übernehmen. Der war nach dem Rücktritt von Konrad Kunick beim Landesparteitag am 12. August schon zum zweiten mal in diesem Jahr frei geworden. Mit dieser Entscheidung war der ausgebootet, der in der Öffentlichkeit als relativ sicherer
Kandidat gehandelt worden war. Gestern ließ Bildungssenator Hening Scherf erklären, er stünde nun nicht mehr als Kandidat zur Verfügung und bleibe in der Landesregierung. Er unterstütze die Kandididatur Tine Wischers.
Christine Wischer sitzt seit 1987 in der Bürgerschaft und gehört als Sprecherin der Umweltdeputation zum Ökoflügel der Partei. Als Umweltpolitikerin hatte sie sich vehement gegen einen Verkauf der Stadtwerke an die PreußenElektra ausgesprochen. Außerdem hatte sie sich von Anfang an gegen eine Bebauunfg der Hemelinger Marsch gewandt. Den Vorsitz des „linken“ Unterbezirks Ost hatte sie vor vier Jahren übernommen.
Nach der einmütigen Entscheidung der Findungskommission ist Scherf nun schon zum zweitenmal als Kandidat für den Landesvorsitz zurückgetreten. Schon nach dem Rücktritt von Horst Isola hatte Scherf zuerst seine Kandidatur angemeldet und dann zurückgezogen. Parallel hatte Klaus Wedemeier Verhandlungen mit dem Kandidaten Konrad Kunick über den Landesvorsitz geführt. In der aktuellen Kandidatenfindung galt Scherf in der Öffentlichkeit diesmal als Wedemeiers Kandidat, auch wenn die Bewerbung für den Parteivorsitz nicht mit dem Präsidenten des Senats abgestimmt, sondern eine Entscheidung Henning Scherfs allein gewesen war.
Hinter den Kulissen allerdings wird die Entscheidung für die Kandidatin Wischer allerdings als zweite Demontage Scherfs durch Wedemeier gewertet. Schon als Scherf seine Kandidatur angeboten hatte, hatte Wedemeier verkündet, er lasse sich die Personalpolitik im Senat nicht aufzwingen. Scherf habe mit seiner Ankündigung Wedemeier in Sachen Senatsumbildung in Zugzwang gebracht, im Rathaus sei in den letzten Tagen schon sehr konkret geplant worden: Für den Fall, daß Scherf den Parteivorsitz übernehme, solle der bisherige Staatsrat Reinhard Hoffmann Senator und die Bürgerschaftsabgeordnete Bringfriede Kahrs Staatsrätin werden. Der Anlaß, Scherfs Kandidatur, sei zwar nunmehr vom Tisch, die Planungen aber damit noch lange nicht. Ohnehin habe Klaus Wedemeier erst nach dem Parteitag im Oktober den Senat umbilden wollen.
Der Findungskommission haben die vier Unterbezirksvorsitzenden, der amtierende Parteivorsitzende Harald Steljes, Fraktionschef Claus Dittbrenner und Klaus Wedemeier angehört. Die Kommission war nach dem turbulenten Landesparteitag im August und dem Rücktritt Kunicks ins Leben gerufen worden. Dem zurückgetretenen Landesvorsitzenden und seinen VorstandskollegInnen hatten die Delegierten vorgeworfen, mit einer Kandidatendiskussion für das Amt des Bürgermeisters der Partei Schaden zugefügt zu haben. Jochen Grabler
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