: Aus dem Schatzkästlein des Plattdeutschen
■ Ernst-Waldau-Theater unter Michael Derda: Kulturzentrum? Boulevard-Palast? Des neuen Intendanten Pläne
Das Ernst-Waldau-Theater ist ein großes Haus. Was da alles hineinpassen könnte, malt sich derzeit sein neuer Leiter aus: „große niederdeutsche Dramen“ und kleine Kammerspiele; Lesungen op platt und Kabarett. Ein „Kulturzentrum für den Bremer Westen“ möge das Haus sein, ebenso der Ort für große Musicalproduktionen.
Vielgestaltig sind Derdas Pläne. Vor deren Verwirklichung aber droht immer noch die Schließung. Ab Mitte 1994 sollen die Zuschüsse aus der Stadtkasse unter das Existenzminimum sinken; auch nach Bekanntwerden der neuen Leitung gibt es noch keine Hinweise auf eine Meinungsänderung im Kulturressort.
„Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, gibt Derda nun nochmals öffentlich zu Protokoll, auf daß die Nachricht auch zu Senatorin Helga Trüpel dringe. Die hatte dem Theater einen „Neuanfang mit neuen Leuten“ aufgegeben, um das durch die Skandälchen des scheidenden Führungsduos Wessels/ Waldau-Andersen ins Wanken geratene Haus wieder aufzurichten. Andernfalls würde sie, „den Hahn zuzudrehen“, d.h. statt 1,25 Millionen dürften die Niederdeutschen nur noch mit 200.000 Mark pro Saison rechnen. Derda aber sieht die senatorischen Auflagen durch seine Person praktisch erfüllt. Er erkenne „keinen Grund, dieses Theater nicht voll zu subventionieren.“
Zumal dem geräumigen Theater „unendliche Möglichkeiten“ offenstünden. Mit dem „Schwerpunkt Niederdeutsches“, soviel ist schon mal klar. Abwenden will sich Derda, ab 1.1.94 nicht nur künstlerischer Leiter, sondern auch Ko-Geschäftsführer neben Helmut Zorn, von dem bisherigen Konzept, populäre Boulevard-Klamotten einfach auf Platt zu spielen. Vielmehr gelte es, die „Schätze der plattdeutschen Literatur“ zu heben. Was nicht bedeuten soll, daß Derda aufs Boulevard verzichten will. Zwei Knaller pro Saison müßten „unbedingt auf dem Spielplan“ stehen. Gespielt von populären Schauspielern: „Wir versuchen, den Bremern ihre Lieblinge zu geben, die sie vom Fernsehen und von den großen Bühnen her kennen.“ Namen weiß Derda nicht zu nennen.
Konkurrenz zum Packhaus- Theater sieht Derda seine neuerlichen Pläne nicht. Im Gegenteil: Man hofft auf „Synergie-Effekte“, wie Klaus Gätjen vom Waldau-Freundeskreis erklärt. Wenn das Packhaus (99 Plätze) vor Erfolg mal wieder aus den Nähten platzt, könnte das Stück künftig ins 500 Sessel große niederdeutsche Haus umgetopft werden. Und umgekehrt.
Zunächst aber steht erstmal die Existenzsicherung an. 93/94 sieht Derda als „Übergangsspielzeit, wo ich das Theater am Leben halten muß.“ Im Stadtteil kann er da mit massiver Unterstützung rechnen: Der Waller Beirat plädiert geschlossen für die Erhaltung des Hauses. Alles andere käme auch einer „Bankrotterklärung der Kultur“ gleich, sagt Derda.
Das Kulturressort aber scheint ungerührt. Noch in Trüpels jüngstem Strategiepapier heißt es deutlich: „Bereits jetzt ist entschieden, daß das Ernst-Waldau-Theater in der derzeitigen Form seine Arbeit mit dem Ende der Spielzeit 1993/94 einstellt.“
tom
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